Analyse zum Fachkräftemangel-Index 2023
Der Arbeitskräftemangel hat sich weiter zugespitzt. Der Fachkräftemangel-Index der Industrie und Handelskammer Zentralschweiz IHZ in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit des Kantons Zürich zeigt den berufsspezifischen Mangel in der Zentralschweiz. An der Spitze des Index stehen auch in diesem Jahr Ärzte. Insbesondere bei den handwerklichen Berufen hat sich der Mangel weiter akzentuiert. Der grösste Unterschied zwischen den Zentralschweizer mit den gesamtschweizerischen Daten ist bei Installateurinnen und Mechaniker für Elektronik und Telekommunikationstechnik, bei den Telekommunikations- und Rundfunktechnikerinnen sowie bei den Präzisionshandwerkern und kunsthandwerklichen Berufen zu finden.
Der Zentralschweizer Wirtschaft geht es gut. Trotz Krieg in der Ukraine, Inflationsdruck und Rezessionsängsten konnten Unternehmen auch in diesem Jahr weiter wachsen. Eine wachsende Wirtschaft braucht Arbeitskräfte. Zwischen 2011 und 2020 haben private Unternehmen in der Zentralschweiz ihren Personalbestand von 409’479 Beschäftigten auf 457’838 Beschäftigte erhöht, das entspricht einer Zunahme von 12 Prozent. Die Kehrseite dieser guten Wirtschaftsleistung ist der seit einiger Zeit beobachtbare Mangel an Fachkräften. Im letzten Jahr hat sich die Situation nochmals zugespitzt. In der aktuellsten Konjunkturumfrage der IHZ vom Mai 2023 wurde ein zu tiefer Personalbestand von 38 Prozent der Unternehmen und damit mit Abstand als grösste Sorge der hiesigen Wirtschaft angegeben. Die Zuspitzung zeigt sich eindrücklich in den Arbeitslosenzahlen. In der Zentralschweiz ist die bereits tiefe Arbeitslosenquote seit Anfang 2022 um einen Viertel zurückgegangen. Per Ende September 2023 betrug sie über die ganze Region gesehen 1,2 Prozent. In den Kantonen Uri, Schwyz, Obwalden und Nidwalden herrscht mit Arbeitslosenquoten zwischen 0,6 Prozent und 0,8 Prozent praktisch Vollbeschäftigung.
Wir sprechen seit Längerem gar von einem allgemeinen Arbeitskräftemangel und nicht mehr von einem spezifischen Fachkräftemangel, da Unternehmen bei Positionen mit verschiedenen Qualifikationsanforderungen Rekrutierungsschwierigkeiten aufweisen. Die Lage wird sich in den nächsten Jahren nicht entspannen, denn die Demographie stellt die grösste Herausforderung dar. In den nächsten Jahren werden geburtenstarke Jahrgänge pensioniert. Auch durch Migration werden weniger Fachkräfte in den Schweizer Arbeitsmarkt gelangen. Andere Staaten in Europa, woher der Hauptteil der Immigrierenden kommt, stehen vor der gleichen Problematik.
Ärzte liegen nach wie vor auf Platz 1, viele handwerkliche Berufe befinden sich in den Top 10
Die Rangliste des Fachkräftemangel-Index 2023 unterscheidet sich beim vordersten Platz nicht von der Analyse im letzten Jahr. Ärzte sind von den 97 Berufen nach der gewählten Methodik am stärksten vom Fachkräftemangel betroffen. Dahinter folgen aber einige kleinere Rangverschiebungen. Neu unter den drei am stärksten betroffenen Berufen befinden sich Installateure und Mechanikerinnen für Elektronik und Telekommunikationstechnik. Im letzten Jahr belegte diese Berufsgruppe den vierten Platz. Auf Platz drei liegen wie im letzten Jahr Elektroinstallateurinnen und –mechaniker. Nach wie vor gefragt sind Montageberufe. Auch wenn das Qualifikationsniveau, gemessen am Anteil Personen im Beruf mit einem Abschluss der Sekundarstufe II, deutlich tiefer liegt als bei anderen Berufen in den vordersten Rängen, ist das Verhältnis zwischen Stellensuchenden und offenen Stellen eindrücklich. Auf eine stellensuchende Person kommen neun offene Stellen. Auf dem fünften Platz befinden sich akademische und vergleichbare Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte, die im Vergleich zum letzten Jahr von drei Berufen überholt wurden.
Auf den hintersten fünf Plätzen gab keine Veränderung. Zwar sind alle einen Platz höher als im letzten Jahr zu finden, dies aber nur aus dem Grund, da Lehrkräfte im Bereich Berufsbildung (Platz 86) neu erfasst wurden. Gemäss der gewählten Methodik herrscht bei Bedienern von Maschinen zur Herstellung von Textil-, Pelz- und Lederwaren am wenigsten Mangel. Auf sieben Stellensuchende gibt es lediglich eine offene Stelle. Auf den Plätzen 94 bis 96 finden sich Hilfsarbeiterinnen in Transport und Lagerei, in der Nahrungsmittelzubereitung sowie bei der Herstellung von Waren. Bei allen Berufen gibt es deutlich mehr Stellensuchende als offene Stellen. Die durchschnittliche Stellensuchdauer ist mit Werten zwischen acht und zwölf Monaten dementsprechend hoch.
Im Durchschnitt über alle Berufe dauert eine Stellensuche über den erfassten Zeitraum zwischen 2018 und 2022 6,7 Monate. Unternehmen haben Stellen durchschnittlich 1,8 Monate ausgeschrieben. Im Vergleich zum letzten Jahr dauerte eine Stellenausschreibung durchschnittlich rund einen Tag länger.