Konjunkturumfrage: Bürokratie, Margendruck und US-Zölle setzen Zentralschweizer Unternehmen zu

Konjunkturumfrage: Bürokratie, Margendruck und US-Zölle setzen Zentralschweizer Unternehmen zu

Die Zentralschweizer Wirtschaft sorgt sich zunehmend um die wachsende Regulierungsdichte. Gleichzeitig verschärft sich der Margendruck erheblich, während US-Zölle vor allem die Industrie belasten. Dennoch blickt mehr als die Hälfte der Unternehmen optimistisch in die nächsten Monate – allerdings mit grossen Vorbehalten bezüglich globaler Unsicherheiten.

In der halbjährlichen Konjunkturumfrage wurden Zentralschweizer Unternehmen zu ihren gegenwärtigen Geschäftsgängen und ihren Sorgen sowie zum Umgang mit Auswirkungen der US-Zollpolitik befragt. Die Umfrage wurde zwischen dem 8. Und 28. Mai 2025 durchgeführt. 148 Unternehmen aus der Region haben die Umfrage ausgefüllt.

Die grösste Sorge der Zentralschweizer Unternehmen ist die wachsende Bürokratie. Mehr als die Hälfte der Betriebe zeigen sich aktuell besorgt über die Regulierungsdichte. Auf den Plätzen zwei und drei der Rangliste folgen Absatzschwierigkeiten im Inland (33%) und Absatzschwierigkeiten im Ausland (22%). Die Sorge über Arbeitsausfälle hat sich im Halbjahresvergleich von 20 Prozent auf 18 Prozent leicht abgeschwächt. Ebenfalls seltener genannt wurde die Sorge über einen zu geringen Personalbestand (14%). Diese Sorge hatten im November noch 16 Prozent der Unternehmen geäussert.
 

Die Sorge über Regulierung und Bürokratie unterscheidet sich stark nach Branche. Während sich mehr als 70 Prozent der Grosshandelsunternehmen und mehr als die Hälfte der Unternehmen aller anderen Branchen über die Regulierungsdichte beklagen, sind es im Dienstleistungsbereich lediglich ein Viertel. Die Unternehmensgrösse hat hingegen keinen signifikanten Einfluss auf die Sorge über den wachsenden Bürokratieaufwand.

Margendruck hat deutlich zugenommen

Zentralschweizer Unternehmen sehen sich jüngst einem verstärkten Margendruck gegenüber. Während im November 2024 fast die Hälfte der Unternehmen ihre Margensituation als gut oder sehr gut bezeichnete, sank der Anteil ein halbes Jahr später auf knapp 30 Prozent. Für die nächsten sechs Monate rechnen rund ein Viertel der befragten Unternehmen mit einer guten Margenentwicklung. 15 Prozent der Betriebe erwarten eine schlechte Margensituation.

Der Margendruck entsteht neben der zurückhaltenden Nachfrage auch durch die Schwere zwischen sinkenden Verkaufspreisen und steigenden inländischen Kosten. Die Verkaufspreise können aufgrund des deflationären Drucks importierter Güter nicht erhöht werden. Kosten im Inland – beispielsweise Personalkosten – steigen hingegen weiter, was sich negativ auf die Margensituation auswirkt.


 

Diese Entwicklung zwingt Unternehmen dazu, ihren Personalbestand kritisch zu prüfen. Rund 17 Prozent der Unternehmen empfinden ihren aktuellen Personalbestand als zu hoch, 67 Prozent als angemessen. Nur 16 Prozent der Unternehmen schätzen den Personalbestand als zu tief ein Die Analyse zeigt, dass die Einwanderung leicht zurückgehen und die Arbeitslosigkeit moderat ansteigen dürfte.

Andererseits sind die deflationären Tendenzen der Verkaufspreise vorteilhaft für Konsumentinnen und Konsumenten. Ein Druck auf die Löhne bleibt nämlich aus – insbesondere für Fachkräfte steigt das Lohnniveau auch in diesem Jahr an. Diese Reallohnerhöhungen stärkt die inländische Nachfrage und stützt die Binnenwirtschaft.

Vorsichtig optimistischer Ausblick mit erheblichen Risiken

Die Zentralschweizer Wirtschaft blickt dem zweiten Halbjahr grundsätzlich positiv entgegen. Mehr als die Hälfte der Unternehmen erwarten für die nächsten sechs Monate einen guten oder sehr guten Geschäftsgang. Mit einer schlechten Entwicklung des Geschäftsgangs rechnen nur 7 Prozent der Unternehmen. Kein einziges Unternehmen sieht sich mit einem sehr schlechten Geschäftsverlauf konfrontiert.

Die Geschäftserwartungen unterscheiden sich jedoch stark nach Branchen. Während insbesondere das Gastgewerbe sowie Architektur- und Ingenieursbüros grossmehrheitlich von einer positiven Entwicklung ausgehen, sind die Einschätzungen im Detailhandel und in der Industrie pessimistischer. Mit 14 Prozent ist der Anteil an Industrieunternehmen, die mit einem schlechten Geschäftsgang rechnen, fast doppelt so gross wie in der gesamten Zentralschweizer Wirtschaft.
 

Unter diesen Unternehmen befinden sich hauptsächlich exportorientierte Unternehmen, die Schwierigkeiten auf den ausländischen Absatzmärkten erwarten. Zusätzlich zu den bereits länger anhaltenden geopolitischen Spannungen, der diplomatischen Krise zwischen den USA und China sowie der Wachstumsschwäche in den wichtigen Märkten Deutschland, EU und China rechnen Unternehmen mit einem Anhalten der erratischen US-Zollpolitik – jedoch ohne Eskalation.

Bisher haben sich die negativen Auswirkungen der zollpolitischen Veränderungen nicht vollumfänglich manifestiert. Frühere Bestellungen konnten in den ersten zwei Quartalen ausgeliefert werden. Zusätzlich haben Kunden ihre Lager sicherheitshalber gefüllt. Dies führte zu einer Überhöhung der Bestellungen im ersten Halbjahr. Im zweiten Halbjahr ist demnach mit entsprechenden Korrekturen zu rechnen.

Globale Unsicherheit als grösstes Konjunkturrisiko

Für das Basisszenario der Wirtschaftsentwicklung in den nächsten Monaten bestehen erhebliche Abwärtsrisiken. Insbesondere die globale Unsicherheit sowie deren Effekte auf das Investitionsumfeld könnten die Aussichten eintrüben. Die Zentralschweizer Wirtschaft ist stark auf Investitionsgüter spezialisiert. Aufgrund der unsicheren Entwicklung der Weltwirtschaft werden Investitionsprojekte wie der Kauf von Maschinen und Anlagen gegenwärtig verschoben. Trotz sinkender Zinsen wird deshalb gegenwärtig wenig investiert, wodurch bei der Zentralschweizer Industrie mit Umsatzeinbussen gerechnet werden muss.

28 Prozent der Unternehmen nennen diese Unsicherheiten als grösstes Konjunkturrisiko. Rund 19 Prozent der Unternehmen sehen als grösstes Konjunkturrisiko die unvorhersehbare Zollpolitik der USA beziehungsweise eine Eskalation der Handelsstreitigkeiten mit Gegenzöllen verschiedener Länder. Weitere 12 Prozent der befragten Unternehmen nennen zusätzliche bürokratische Hürden im Binnenmarkt als mögliche Bremswirkung für die wirtschaftliche Entwicklung.

Auch der Wechselkurs wird von 10 Prozent der Unternehmen als Konjunkturrisiko genannt. Seit Anfang März hat der US-Dollar gegenüber dem Schweizerfranken um 9 Prozent an Wert verloren. Der Euro gab im gleichen Zeitraum fast 1 Prozent nach. Insbesondere in unsicheren Zeiten wird der Franken von vielen Investoren als sicherer Hafen eingeschätzt, was den Aufwertungsdruck erhöht. Eine weitere starke Aufwertung in den nächsten Monaten könnte die Umsätze und Gewinne von Zentralschweizer Unternehmen erheblich schmälern.
 

Hälfte der Zentralschweizer Industrieunternehmen negativ von US-Zöllen betroffen.

Für rund einen Viertel der Unternehmen sind die negativen Effekte der US-Zölle aktuell oder zukünftig spürbar. Im Industriesektor ist der Anteil von stark bis sehr stark betroffenen Unternehmen mit 50 Prozent deutlich höher. Zwei Drittel der stark betroffenen Unternehmen hat bereits Massnahmen zur Abfederung der negativen Effekte im Handel mit den USA getroffen.
 

Der grösste Teil der Unternehmen konnte die Betroffenheit mit internen Zolloptimierungsstrategien abschwächen. Unter diese Strategien fallen die Optimierung von Ursprungsregeln sowie des Wertanteils der Ware die Anpassung konzerninterner Dienstleistungen und Verrechnungspreise. Einige Unternehmen haben in dieser Hinsicht auch bereits Lieferketten umgestaltet, um den Zollaufwand zu minimieren.

Rund 20 Prozent der Unternehmen, die bereits Massnahmen ergriffen haben, fokussieren sich als Reaktion stärker auf alternative Märkte ausserhalb der Vereinigten Staaten. Rund 14 Prozent der Unternehmen haben eine so starke Position am Markt, dass sie Preiserhöhungen weitergeben konnten. Ebenfalls 14 Prozent waren gezwungen ihre Produktion zu drosseln.

Mit dem Vorgehen des Bundesrates sind die Zentralschweizer Unternehmen mehrheitlich zufrieden. Sie erwarten positive Resultate aus den bilateralen Gesprächen.

Unsicherheit über die weitere Entwicklung der US-Zollpolitik

Die aktuellen Zollmassnahmen entwickelten sich in mehreren Phasen: Am 2. April erklärte US-Präsident Donald Trump die Einführung von Basiszöllen in Höhe von 10 Prozent auf alle Importe per 5. April sowie die Einführung je nach Herkunftsland unterschiedlicher Schutzzölle per 9. April. Die Schweiz gehörte mit zusätzlichen 21 Prozent zu den am stärksten betroffenen Ländern.

Bereits zuvor wurden Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte sowie deren Derivate und auf Fahrzeuge und Autoteile eingeführt – diese sind von den Zusatzzöllen ausgenommen. Ebenfalls von den Basis- und Strafzöllen ausgenommen sind zurzeit Pharmaexporte

Die Zusatzzölle wurden nach wenigen Stunden bis zum 9. Juli ausgesetzt. Die auf Anfang Juni angekündigten Strafzölle auf EU-Importe in Höhe von 50 Prozent wurden noch vor Inkraftsetzung bis zum 9. Juli ausgesetzt. Die Basiszölle sowie die Strafzölle auf Stahl, Aluminium, Fahrzeuge und Autoteile gelten seit dem 5. April.

Bisher ist noch nicht klar, welche Einfuhrzölle ab dem 9. Juli für Importe in die USA gelten werden. Der Bundesrat hat die Gespräche mit der Trump-Administration aufgenommen und dem Parlament ein Verhandlungsmandat zur Konsultation vorgelegt.
 

Für Fragen und Anmerkungen:

Yves Spühler | Leiter Wirtschaftspolitik und Ökonomie

Informationen zur Umfrage

Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ führt in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsdachorganisation economiesuisse halbjährlich eine Konjunkturumfrage direkt bei den Mitgliedunternehmen durch. Im Vordergrund stehen die Sorgen der Zentralschweizer Unternehmen, der gegenwärtige Geschäftsgang und der konjunkturelle Ausblick. Die Umfrage wurde von 148 Zentralschweizer Unternehmen ausgefüllt. Die Erhebung fand zwischen dem 8. und 28. Mai 2025 statt.

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