OECD-Mindeststeuer: Mehreinnahmen sollen in den Kantonen bleiben

Die Schweiz bereitet sich auf die OECD-Mindeststeuer vor. Das ist sinnvoll und unbestritten. Um attraktiv zu bleiben müssen die Zentralschweizer Kantone aber darauf beharren, die Mehrein-nahmen behalten zu können. Die Zentralschweizer Regierungskonferenz ZRK will die Besteue-rungskompetenz jedoch freiwillig an den Bund abgeben und hofft, dass die Mittel zweckgebunden eingesetzt werden.

Ende Juni 2022 hat Finanzminister Ueli Maurer das Vorgehen zur Umsetzung der OECD-Mindestbesteuerung vorgestellt. Ab 2024 sollen die Gewinne grosser, international tätiger Unternehmen zu mindestens 15 Prozent besteuert werden. Ansonsten dürfen andere Länder die Differenz einfordern. Da die Steuern für Grossunternehmen steigen, werden kurzfristig Mehreinnahmen erwartet. Der Bundesrat möchte nun einen Viertel dieser Mehreinnahmen für sich beanspruchen. Die ZRK stellt sich in einem Positionspapier auf die Linie der kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren. Sie akzeptiert so die Kompetenzverschiebung an den Bund und eine Abgabe eines Viertels der potentiellen Mehreinnahmen. 

 

Zentralschweiz hat sich die Steuervorteile erarbeitet
In der Zentralschweiz liegt die Steuerlast fast überall unter der Schwelle von 15 Prozent. Ein grosser Teil der erwarteten Mehreinnahmen kommt folglich von Zentralschweizer Unternehmen. Die Zentralschweizer Bevölkerung, Wirtschaft und Politik haben sich den steuerlichen Standortvorteil erarbeitet und erspart. Wenn dieser wegfällt, müssen die Zentralschweizer Kantone in andere Aspekte des Standortvorteils investieren. Beispiele sind Beiträge für Bildung, Forschung und Entwicklung, Investitionen in moderne, unbürokratische Infrastruktur oder Senkungen der Abgaben für Arbeitnehmende und der Steuerlast für natürliche Personen. Hierfür brauchen sie die vollumfänglichen Mehreinnahmen und nicht nur 75 Prozent. 

 

Föderalismus ist in der Standortpolitik effizient
Der Vorschlag des Bundesrates bedeutet eine Zentralisierung der Steuerpolitik – besonders im finanzpolitisch attraktivsten Segment der internationalen Grosskonzerne. Die Kompetenzen der Kantone würden eingeschränkt. Kantone und Gemeinden kennen die spezifischen Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung und Wirtschaft aber besser und können so zielgerichteter darauf eingehen. Was in Uri oder Schwyz mehrheitsfähig und erfolgsversprechend ist, muss für die Kantone Thurgau und Genf nicht zwingend die beste Lösung sein.

 

Die ZRK hofft darauf, dass die Gelder zweckgebunden eingesetzt werden und von strukturerhaltenden Massnahmen abgesehen wird. Die Forderungskataloge der Parteien auf nationaler Ebene sind aber bereits geschrieben. Es wird praktisch unmöglich, Mehrheiten für zweckgebundene Massnahmen zu finden, die allen Kantonen gleichsam zugutekommen. Zudem birgt die Abgabe der Steuerkompetenz an den Bund die Gefahr, dass der Kantonsanteil mittelfristig verkleinert wird. Die Hoffnungen der Zentralschweizer Finanzdirektorinnen und -direktoren könnten wohl nur mit einer föderalistischen Lösung erfüllt werden. 

 

Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ plädiert für eine föderalistische Lösung
Die IHZ ist überzeugt, dass die Kantone die Standortattraktivität der Schweiz am effizientesten sicherstellen können. Sie plädiert dafür, dass die Mehreinnahmen vollständig bei ihnen bleiben. Ein Vorschlag wäre auch, die Mindestbesteuerung im Steuerharmonisierungsgesetz (StHG) zu regeln. So würde der Föderalismus in der Steuerpolitik gewahrt, wie Christoph Schaltegger, Professor an der Universität Luzern und Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) in Luzern propagiert.