Rückblick: Politik & Wirtschaft im Dialog

Rückblick: Politik & Wirtschaft im Dialog

Am 14. November 2022 fand in Stans die diesjährige Ausgabe des Anlasses Politik & Wirtschaft im Dialog mit Vertreterinnen und Vertretern aus Zentralschweizer Wirtschaft und Politik statt. Die Referate und Diskussionen drehten sich um den allgegenwärtigen Fachkräftemangel.

Die Arbeitslosigkeit in der Schweiz ist auf einem Rekordtief. In der Zentralschweiz liegt die Arbeitslosenquote nochmals signifikant darunter. Das spürt auch die Wirtschaft. Im Sorgenbarometer Zentralschweiz der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ in Zusammenarbeit mit economiesuisse vom September 2022 liegt der Fachkräftemangel auf dem zweiten Platz, hinter Lieferengpässen, aber vor der Energiethematik. Am Anlass Politik & Wirtschaft im Dialog, einer Plattform für den Austausch zwischen Parlamentarierinnen und Parlamentariern und der Wirtschaft sowie zwischen den Parlamenten in der Region Zentralschweiz, wurden Hintergründe, Erfahrungen und mögliche Lösungen der Fachkräftemangelthematik diskutiert.

Potentiale ausschöpfen

Adrian Derungs, Direktor der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ, eröffnete den Anlass mit Analysen zur Problematik aus der Region. Die tiefe Arbeitslosigkeit sei zwar herausfordernd für die Unternehmen, bedeute aber die Kehrseite der Medaille einer sehr guten Wirtschaftslage. Der Fachkräftemangel müsse aus diesem Grund differenziert beurteilt werden. Als Wirtschaftsverband interessiert die IHZ beispielsweise der Blick auf das Wachstum der Beschäftigten im öffentlichen Sektor. Die Anzahl staatlicher Stellen ist in den letzten zehn Jahren auch in der Zentralschweiz stark gestiegen. Die Wachstumsrate liege jedoch glücklicherweise tiefer im Vergleich zum Wachstum der Beschäftigung im privaten Sektor. Auf nationaler Ebene sieht das anders aus. Der Staat ist dort stärker gewachsen als die Privatwirtschaft. «Um Arbeitnehmende produktiv in der Wirtschaft einsetzen zu können, muss das Staatswachstum gebremst werden.», so Adrian Derungs. Aber auch Unternehmen müssten ihren Beitrag leisten. «Unternehmen dürfen den Fachkräftemangel nicht als Ausrede dafür benutzen, dass sie keine Arbeitskräfte finden. Sie sind gezwungen an ihrer Attraktivität zu arbeiten und ungenutzte Potentiale auszuschöpfen.» Als Beispiel nennt Derungs die Rekrutierung von Maturandinnen und Maturanden für den beruflichen Bildungsweg. Gemäss einer IHZ-Umfrage rekrutieren lediglich zehn Prozent der Unternehmen Personen aktiv nach bestandener Mittelschulreife.

Simon Wey, Chefökonom des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes (SAV), führte durch die Hintergründe und Implikationen des Fachkräftemangels. Auch wenn die sich abschwächende Wirtschaftslage die Situation entschärfen wird, bleibe das Thema Arbeitskräftemangel längerfristig bestehen. Wey sieht die Lösung vor allem in der Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotenzials. Das heisst: Alle, die arbeiten wollen und können, sollen dafür geeignete Rahmenbedingungen haben. Insbesondere in der Gruppe von Jugendlichen, Frauen und Müttern, älteren Personen, gesundheitlich beeinträchtigten Personen sowie vorläufig aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen gebe es teils grosse Potentiale. «Um diese Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt zu bringen, müssen aber effiziente Rahmenbedingungen geschaffen werden», so Wey. Der SAV hat hierfür diverse Programme und Initiativen lanciert. Die Ausschöpfung des inländischen Arbeitskräftepotentials sei insofern wichtig, da auch andere Staaten von demographischen Entwicklungen betroffen sind. Das heisst, dass die Einwanderung von ausländischen Fachkräften zukünftig tendenziell sinken wird. 

Arbeitgeber müssen attraktiv sein
Sandra Imbach, CEO des Familienunternehmens Imbach & Cie. mit einer 133-jährigen Firmengeschichte, teilte ihre unternehmerischen Erfahrungen mit dem Publikum. Als Chefin eines produzierenden Unternehmens in der Metallbranche verspürt Sandra Imbach den Fachkräftemangel verstärkt. Das bedeute in der Praxis, dass der Rekrutierungsprozess länger dauere - durchschnittlich drei bis sechs Monate - und die Personalplanung komplizierter werde. Lösungen sieht die Unternehmerin hauptsächlich in der Arbeitgeberattraktivität. «Wir gehen stark auf die Bedürfnisse der Mitarbeitenden ein und ermöglichen beispielsweise auch Teilzeitarbeit in der Produktion», so Imbach, «Wir möchten, dass sich unsere Mitarbeitenden mit dem Unternehmen identifizieren und Imbach & Cie. als Arbeitgeberin in ihrem Umfeld weiterempfehlen.» 

Flexibilität wichtig für Kantone
 

Abschliessend referierte Othmar Filliger, Volkswirtschaftsdirektor des Kantons Nidwalden und Präsident der Zentralschweizer Regierungskonferenz, aus politischer Sicht. Im Kanton Nidwalden herrsche praktisch Vollbeschäftigung, das spüre der Kanton auch als Arbeitgeber. «Als Verantwortliche für die gesetzlichen Rahmenbedingungen brauchen staatliche Akteure ein grosses Mass an Flexibilität. Kurzarbeit während der Covid-Krise ist hierfür ein sehr gutes Beispiel», so Filliger. Zudem setze er auf einen erfolgreichen Austausch mit den Sozialpartnern.

Welche Berufe sind vom Fachkräftemangel betroffen?

Mit dem Fachkräftemangel-Index präsentiert die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaft und Arbeit Zürich AWA erstmals eine berufsgruppenspezifische Analyse des Fachkräftemangels in der Zentralschweiz.

 

Ähnliche News