Quartalsanalyse Q3 – 2024: Erwarteter Befreiungsschlag bleibt aus

Quartalsanalyse Q3 – 2024: Erwarteter Befreiungsschlag bleibt aus

Zentralschweizer Unternehmen erwarteten zu Beginn des Jahres eine deutliche konjunkturelle Aufhellung im zweiten Halbjahr. Diese bleibt vorerst aus. Für die nächsten sechs Monate deuten die geäusserten Erwartungen auf eine sehr moderates Wachstum hin. Dennoch planen viele Unternehmen den Personalbestand zu erhöhen.

Noch im Vorquartal schätzte die Zentralschweizer Gesamtwirtschaft die Geschäftslage deutlich besser ein als der Schweizer Durchschnitt. Im Vergleich zum Vormonat ist im Juli 2024 nun aber eine signifikante Korrektur zu verzeichnen. Während ein durchschnittliches Schweizer Unternehmen die Geschäftslage im Juli leicht positiver einschätzt als noch im Juni, ist in der Zentralschweiz ein deutlicher Abwärtstrend zu beobachten. Trotzdem beurteilen Zentralschweizer Unternehmen die Geschäftslage nach wie vor positiver im Vergleich zum schweizerischen Durchschnitt. Der Unterschied hat sich binnen Quartalsfrist aber deutlich verkleinert. Für das zweite Halbjahr erwarten Zentralschweizer Unternehmen nur ein sehr moderates Wachstum. Schweizweit sind die Erwartungen leicht positiver.

Lediglich das Gastgewerbe und das Baugewerbe sehen die Geschäftslage zu Beginn des dritten Quartals besser als im Vorquartal. Dies ist insofern überraschend, da diese beiden Branchen speziell von witterungsbedingten Beeinträchtigungen der letzten Monate betroffen sind. Im Gegensatz zur Zentralschweiz schätzen Gastronomie- und Bauunternehmen auf nationaler Ebene die Geschäftslage negativer ein als im Vormonat.

Ebenfalls einen gegensätzlichen Trend verfolgen die regionalen und nationalen Einschätzungen der Geschäftslage von Industrieunternehmen. Das könnte damit zusammenhängen, dass die Maschinenindustrie in der Zentralschweiz eine dominierende Rolle einnimmt und besonders von der schwächelnden konjunkturellen Entwicklung des europäischen Wirtschaftsraums sowie der Zurückhaltung bei den Ausrüstungsinvestitionen betroffen ist. Die in anderen Regionen stark vertretenen Industriebereiche Chemie und Pharma entwickelten sich in den letzten drei Monaten positiv. Der jüngste Einbruch des Eurokurses aufgrund der Verwerfungen auf den Aktienmärkten fand nach der Umfrage statt und ist somit noch nicht in den Grafiken und Ausführungen abgebildet und berücksichtigt.

Deutlich verschlechtert hat sich die Geschäftslage im Grosshandel, Detailhandel und bei den Dienstleistungsunternehmen. Eine Mehrheit der Unternehmen im Grosshandel sieht sich im dritten Quartal in einer allgemein schlechten Geschäftslage. Insbesondere der Handel mit Konsumgütern hat sich verschlechtert, während der Grosshandel mit Gütern für die Produktion sowie  mit Maschinen und Ausrüstungsgütern auf tiefem Niveau verbleibt. Unternehmen im Detailhandel verzeichneten deutliche Umsatzeinbrüche über die letzten Monate.

Ebenfalls eine negative Korrektur verzeichnete der zuvor stabile Dienstleistungssektor. Der Finanzsektor wie auch Projektierungsbüros verzeichnen eine leichte Verschlechterung, jedoch auf sehr hohem Niveau.
 

Der Abwärtstrend bei der Einschätzung der Geschäftslage ist auch bei der Personalplanung zu beobachten. In einer Mehrheit der Branchen hat der zusätzliche Personalbedarf für die nächsten drei Monate abgenommen. Den stärksten Rückgang verzeichnen Unternehmen im Baugewerbe. Eine Mehrheit der Bauunternehmen plant gar einen Personalabbau in den nächsten drei Monaten. Leicht positiv Entwickelt hat sich die Beschäftigungslage in der Industrie, auch wenn noch immer eine Mehrheit der Industrieunternehmen in der Zentralschweiz einen Personalabbau in den nächsten drei Monaten erwartet. Im Grosshandel und im Gastgewerbe planen signifikant mehr Unternehmen ihren Personalbestand zu vergrössern als noch im April. 

Neben Unternehmen im Baugewerbe und in der Projektierung erwartet erstmals auch eine Mehrheit der Unternehmen im Finanzsektor eine negative Preisentwicklung . 
 

Für Fragen und Anmerkungen:

Yves Spühler | Leiter Wirtschaftspolitik und Ökonomie

Datengrundlage und Lesehilfe zu den Grafiken

Geschäftslageindikator:

Die in den Grafiken zur Geschäftslage (Grafik 1 und 2) verwendeten Daten beruhen auf der Unternehmensumfrage «Geschäftslageindikator» der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. In der Umfrage werden die Unternehmen gebeten, ihre Gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen. Sie können die Lage mit «gut», «befriedigend» oder «schlecht» bezeichnen. Der Saldowert der gegenwärtigen Geschäftslage ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten «gut» und «schlecht». Die Grafik zeigt saisonbereinigte Werte der Zentralschweiz über die abgebildeten Wirtschaftsbereiche. Die Position in der Horizontalen weist die Einschätzung über die aktuelle Geschäftslage der Firmen aus, auf der Vertikalen wird die Differenz zur Befragung im Vorquartal angezeigt. Die Grösse der Kreise stellt die Wichtigkeit des Sektors in der Zentralschweiz dar, hier gemessen als Anteil der Beschäftigten.

Lesebeispiel Grafik 1:

Kommt eine Branche in den Quadranten 2 oder 3 zu liegen, ist der Anteil an Unternehmen, die die Geschäftslage als schlecht einschätzen grösser als der Anteil an Unternehmen, die die Geschäftslage als gut einschätzen. Branchen in den Quadranten 1 und 2 weisen eine Verbesserung der Geschäftslage im Vergleich zum Vorquartal auf, während sich Branchen im Quadranten 2 trotz Verbesserung im negativen Bereich befinden und Branchen im Quadranten 1 im Positiven Bereich. 

Beschäftigungsindikator:

Die in den Grafik zur Beschäftigung (Grafik 3) verwendeten Daten beruhen auf der Unternehmensumfrage «Beschäftigungsindikator» der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. In der Umfrage werden die Unternehmen gebeten, ihren gegenwärtigen Bestand an Beschäftigten zu beurteilen und allfällige Veränderungen in den nächsten drei Monaten zu prognostizieren.

Ist der Wert des Indikators positiv, möchten mehr Unternehmen ihren Personalbestand aufbauen als abbauen. Bei einem Wert von Null ist der Anteil der Unternehmen, die Stellen abbauen möchten und Unternehmen, die Stellen schaffen möchten gleich gross. 

Branchenzugehörigkeit:

Baugewerbe: Hochbau, Tiefbau und Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe (NOGA 41-43)

Industrie: Verarbeitendes Gewerbe / Herstellung von Waren (NOGA 10-33)

Grosshandel: Grosshandel ohne Handel mit Motorfahrzeugen (NOGA 46)

Detailhandel: Detailhandel ohne Handel mit Motorfahrzeugen (NOGA 47)

Gastgewerbe: Beherbergung und Gastronomie (NOGA 55-56)

Finanzsektor: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (NOGA 64-65)

Projektierung: Architektur- und Ingenieurbüros (NOGA 71)

Verschiedene Dienstleistungen: Übrige Dienstleistungsbranchen ohne staatsnahe Branchen und Staatssektor, Verkehr und Lagerei (NOGA 49–53), Information und Kommunikation (NOGA 58–63), Grundstücks- und Wohnungswesen (NOGA 68), Erbringung von freiberufl., wissen. u. techn. Dienstl. (NOGA 69–75, ohne 71), Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstl.(NOGA 77–82), Kunst, Unterhaltung und Erholung (NOGA 90–93)

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