Quartalsanalyse Q4 – 2024: Nur Dienstleistungssektor mit positiven Signalen
Der KOF Geschäftslageindikator verzeichnet dank positiver Impulse aus dem Dienstleistungssektor einen leichten Anstieg gegenüber dem Vorquartal. Eine gesamtwirtschaftliche Aufhellung ist jedoch nicht in Sicht. Die Unternehmen zeigen sich entsprechend zurückhaltend bei ihrer Personalplanung.
Dank der positiven Impulse aus dem Dienstleistungssektor konnte die gesamtwirtschaftliche Einschätzung der Geschäftslage einen Teil der Einbussen im letzten Quartal wettmachen. Die Zentralschweizer Unternehmen bewerten ihre Geschäftslage zu Beginn des vierten Quartals weiterhin deutlich positiver als der landesweite Durchschnitt. Seit Mitte 2021 zeichnet sich aber nach wie vor ein Abwärtstrend ab. Der zum Jahreswechsel 2023/2024 vorherrschende regionale Optimismus in der Zentralschweiz hat in den vergangenen zwei Quartalen eine deutliche Korrektur erfahren. Für die nähere Zukunft sind keine Anzeichen für eine wirkliche Erholung erkennbar, die der gesamten Zentralschweizer Wirtschaft Auftrieb geben könnte. Zwar sind die Erwartungen für die kommenden sechs Monate im Quartalsvergleich leicht gestiegen, doch erschwert die anhaltend hohe Unsicherheit den Unternehmen eine verlässliche Einschätzung der künftigen Nachfrageentwicklung.
Die Branchen der Zentralschweiz entwickeln sich zu Beginn des vierten Quartals sehr unterschiedlich. Dienstleistungsunternehmen schätzen die Geschäftslage deutlich positiver ein als im Vorquartal. Insbesondere der Teilbereich Verkehr, Information und Kommunikation verzeichnet eine deutliche Verbesserung. Die Bereiche wirtschaftliche Dienstleistungen sowie Vermittlung und Überlassung von Arbeitskräften hingegen bewerten die Geschäftslage negativer. Die Auslastung im Dienstleistungssektor ist zwar leicht gesunken, jedoch geben die deutliche Entschärfung des Arbeitskräftemangels sowie die optimistischen Erwartungen über die zukünftige Nachfrageentwicklung der Branche Auftrieb. Der Finanzsektor weist leichte Abschläge auf hohem Niveau auf. Banken verzeichnen Ertragseinbussen im Zinsgeschäft, die sie nur beschränkt mit dem Kommissions- und Handelsgeschäft ausgleichen können.
Im Baugewerbe hingegen verschlechtert sich die Stimmung deutlich. Bauunternehmen im Hoch- wie auch im Tiefbau sind mit der Auftragsentwicklung grundsätzlich zufrieden, nicht aber mit der Ertragslage und der Kapazitätsauslastung. Die Erwartungen über eine positive Nachfrageentwicklung in den nächsten Monaten haben zugenommen. Im Gegensatz zu der deutlichen Verschlechterung der Geschäftslage von Projektierungsbüros auf nationaler Ebene, verzeichnet die Zentralschweizer Branche leichte Verbesserungen gegenüber dem letzten Quartal. Die Branche meldet einen deutlichen Rückgang des Fachkräftemangels.
Die Stimmung im Tourismussektor hat sich in den letzten drei Monaten leicht eingetrübt. Beherbergungs- und Gastronomiebetriebe konnten nicht vollumfänglich an die sehr gute Auslastungs- und Ertragslage des vergangenen Jahres anknüpfen. In den Tourismusregionen der Städte Zug und Luzern sowie rund um den Vierwaldstättersee gibt der Geschäftslageindikator leicht nach. In den Berggebieten hat sich die Einschätzung der Geschäftslage saisonbereinigt leicht verbessert. Unternehmen im Gastgewerbe erwarten für den Winter grundsätzlich eine zufriedenstellende Auslastung. Preisanpassungen nach oben sind jedoch nur sehr bedingt möglich, sodass sich der Druck auf die Ertragslage erhöht.
Während sich die landesweite Stimmung in der Industrie leicht verbessert, ist bei Zentralschweizer Industriebetrieben noch keine Trendwende erkennbar. Insbesondere die exportorientierten Unternehmen leiden unter der Konjunkturschwäche des mit Abstand wichtigsten Handelspartners Deutschland sowie unter der wechselkursbedingten ungünstigen Wettbewerbssituation. Insbesondere binnenmarktorientierte Industrieunternehmen erwarten aber eine positive Nachfrageentwicklung über die nächsten Monate.
Unternehmen im Grosshandel spüren die schlechte Geschäftslage in der Industrie. Insbesondere der Handel mit Ausrüstungs- und Produktionsgütern ist gegenwärtig nicht zufriedenstellend. Der Detailhandel hat sich nach einem deutlichen Abwärtstrend über die letzten zwei Quartale stabilisiert. Auch die Preise im Detailhandel haben sich stabilisiert. Der Markt erlaubt derzeit keine Anpassung nach oben. Anpassungen nach unten sind aufgrund der Ertragslage ebenfalls nicht möglich.
Die neueste KOF-Umfrage deutet auf eine mittelmässige Beschäftigungsentwicklung hin. Der Zentralschweizer Indikator für die Veränderung des Personalbestandes in den nächsten drei Monaten gibt zu Beginn des vierten Quartals deutlich nach, bewegt sich aber nach wie vor im positiven Bereich. Das heisst, dass mehr Unternehmen einen Aufbau des Personalbestandes als eine Reduktion der Belegschaft planen. Lediglich Unternehmen in der Industrie, im Gastgewerbe sowie im Grosshandel planen mehrheitlich einen Personalabbau. Bemerkenswert ist insbesondere der Dienstleistungssektor, der die Geschäftslage gegenüber dem Vorquartal deutlich positiver einschätzt. Bei der Personalentwicklung über die nächsten Monate ist aber keine Veränderung zu beobachten, was auf eine Konsolidierung der Branche hinweist. Im Bausektor planen Unternehmen deutlich mehr Personen einzustellen als noch im letzten Quartal. Starke Korrekturen verzeichneten insbesondere der Projektierungssektor wie auch der Finanzsektor. Das Finanzsektor weist aber nach wie vor den höchsten Wert auf.
Für Fragen und Anmerkungen:
Yves Spühler | Leiter Wirtschaftspolitik und Ökonomie
Datengrundlage und Lesehilfe zu den Grafiken
Geschäftslageindikator:
Die in den Grafiken zur Geschäftslage (Grafik 1 und 2) verwendeten Daten beruhen auf der Unternehmensumfrage «Geschäftslageindikator» der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. In der Umfrage werden die Unternehmen gebeten, ihre Gegenwärtige Geschäftslage zu beurteilen. Sie können die Lage mit «gut», «befriedigend» oder «schlecht» bezeichnen. Der Saldowert der gegenwärtigen Geschäftslage ist die Differenz der Prozentanteile der Antworten «gut» und «schlecht». Die Grafik zeigt saisonbereinigte Werte der Zentralschweiz über die abgebildeten Wirtschaftsbereiche. Die Position in der Horizontalen weist die Einschätzung über die aktuelle Geschäftslage der Firmen aus, auf der Vertikalen wird die Differenz zur Befragung im Vorquartal angezeigt. Die Grösse der Kreise stellt die Wichtigkeit des Sektors in der Zentralschweiz dar, hier gemessen als Anteil der Beschäftigten.
Lesebeispiel Grafik 1:
Kommt eine Branche in den Quadranten 2 oder 3 zu liegen, ist der Anteil an Unternehmen, die die Geschäftslage als schlecht einschätzen grösser als der Anteil an Unternehmen, die die Geschäftslage als gut einschätzen. Branchen in den Quadranten 1 und 2 weisen eine Verbesserung der Geschäftslage im Vergleich zum Vorquartal auf, während sich Branchen im Quadranten 2 trotz Verbesserung im negativen Bereich befinden und Branchen im Quadranten 1 im Positiven Bereich.
Beschäftigungsindikator:
Die in den Grafik zur Beschäftigung (Grafik 3) verwendeten Daten beruhen auf der Unternehmensumfrage «Beschäftigungsindikator» der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. In der Umfrage werden die Unternehmen gebeten, ihren gegenwärtigen Bestand an Beschäftigten zu beurteilen und allfällige Veränderungen in den nächsten drei Monaten zu prognostizieren.
Ist der Wert des Indikators positiv, möchten mehr Unternehmen ihren Personalbestand aufbauen als abbauen. Bei einem Wert von Null ist der Anteil der Unternehmen, die Stellen abbauen möchten und Unternehmen, die Stellen schaffen möchten gleich gross.
Branchenzugehörigkeit:
Baugewerbe: Hochbau, Tiefbau und Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe (NOGA 41-43)
Industrie: Verarbeitendes Gewerbe / Herstellung von Waren (NOGA 10-33)
Grosshandel: Grosshandel ohne Handel mit Motorfahrzeugen (NOGA 46)
Detailhandel: Detailhandel ohne Handel mit Motorfahrzeugen (NOGA 47)
Gastgewerbe: Beherbergung und Gastronomie (NOGA 55-56)
Finanzsektor: Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen (NOGA 64-65)
Projektierung: Architektur- und Ingenieurbüros (NOGA 71)
Verschiedene Dienstleistungen: Übrige Dienstleistungsbranchen ohne staatsnahe Branchen und Staatssektor, Verkehr und Lagerei (NOGA 49–53), Information und Kommunikation (NOGA 58–63), Grundstücks- und Wohnungswesen (NOGA 68), Erbringung von freiberufl., wissen. u. techn. Dienstl. (NOGA 69–75, ohne 71), Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstl.(NOGA 77–82), Kunst, Unterhaltung und Erholung (NOGA 90–93)