Rückblick 14. Zentralschweizer Wirtschaftsforum: Schlussreferat

Rückblick 14. Zentralschweizer Wirtschaftsforum: Schlussreferat

Eine neue Ethik der KI ist gefordert
Der Umgang mit künstlicher Intelligenz erfordert neue ethische Standards und moralische Innovation.

Markus Gabriel beleuchtete moralische und ethische Überlegungen im Umgang mit technologischen Innovationen. Eine «neue Ethik der KI» soll durch transsektorale Kooperation moralische Standards in der Nutzung von KI-Systemen etablieren und diese fortlaufend verbessern.

Markus Gabriel, Philosoph und Direktor am Center for Science and Thought an der Universität Bonn, begann sein Referat mit einer grundlegenden Frage: Was ist eigentlich KI? Er erklärte, dass KI als interdisziplinäres Forschungsfeld bereits seit den 1950er Jahren existiere. KI-Forschung baut Modelle von Intelligenz. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Systemen, die in der Lage sind, Probleme effizienter zu lösen als Menschen. Er stellte fest, dass die heutige generative KI vor allem durch ihre Fähigkeit überzeugt, zur Wertschöpfung beizutragen. KI macht uns intelligenter, weil sie uns ermöglicht, Probleme schneller zu lösen. «Je mehr Rechenleistung, desto mehr Wertschöpfung – und es gibt hier kein Ende», resümierte Gabriel: «Die KI wird die grösste wirtschaftliche Revolution mit sich bringen, die die Menschheit je erlebt hat.» Er betonte, dass KI-Systeme zwar intelligentes Verhalten imitieren könnten, jedoch keine lebenden Systeme seien. «KI ist ein nicht-biologisches System, das intelligentes Verhalten imitiert», erklärte er. Diese Definition sei zentral, um die ethischen Fragestellungen zu verstehen, die sich aus dem Einsatz solcher Systeme ergeben.
 
Ethische Herausforderungen in der KI-Entwicklung 
Markus Gabriel skizzierte verschiedene ethische Fragestellungen rund um KI. Zum einen die Angst, dass KI-Systeme die Menschheit unterwerfen und zerstören könnten – das sogenannte «Terminator-Szenario», das er als unrealistisch einstuft. «KI hat keine eigenen Interessen», betonte er. Eine zweite ethische Diskussion konzentriert sich auf die Risiken der Verzerrung (Bias) in KI-Systemen, die unsere Gesellschaft und ihre Werte unterminieren könnten. Beispiele sind Wahlmanipulation oder diskriminierende Algorithmen, die eine ethische Regulierung notwendig machen. Jedoch gebe es heute, so Markus Gabriel, bereits technologische Lösungen für das Bias-Problem. 

Eine neue Ethik für KI 
Abschliessend plädierte Markus Gabriel für die Entwicklung einer «neuen Ethik der KI». Diese solle nicht durch regulatorische Massnahmen geprägt sein, sondern durch eine transsektorale Kooperation aus Wirtschaft und Wissenschaft, die als Labore moralischer Innovation funktionieren. «Wir brauchen KISysteme, die unser moralisches Verhalten verstehen», so Markus Gabriel. Wenn wir Sprache knacken konnten, dann können wir auch Werturteile verstehen, erklärte er und betonte, dass die unternehmerische Nutzung dieser Erkenntnisse für den moralischen Fortschritt entscheidend sei. Nur durch moralische Innovation ist Wirtschaften nachhaltig. Und das gilt auch für die Ethik der KI. Gabriel forderte: «Die Schweiz sollte sich von einer hinterherhinkenden staatlichen Regulierung verabschieden, denn der Staat kann technologische Innovationen niemals besser verstehen als die ETH.»
 

Key Take-Away

  • KI ist ein nicht-biologisches System, das intelligentes Verhalten imitiert, aber keine eigenen Interessen verfolgt.
  • Eine neue Ethik der KI muss erst noch entwickelt und danach kontinuierlich weiterentwickelt werden. 
  • Es gibt bereits technologische Lösungen für ethische Probleme wie Bias.
  • Eine neue Ethik der KI erfordert transsektorale Zusammenarbeit und einen Fokus auf moralische Innovation.
  • KI-Systeme, die das moralische Verhalten der Menschen verstehen, könnten zu einem echten Fortschritt in der gesellschaftlichen Entwicklung beitragen.

Publikation «Spezial» zum 14. Zentralschweizer Wirtschaftsforum (PDF)

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