Rückblick: Europa-Anlass «Vernetzt und souverän: Wie viel Europa wollen wir?»

Rückblick: Europa-Anlass «Vernetzt und souverän: Wie viel Europa wollen wir?»

Am 31. Oktober 2022 fand in Luzern ein Vortrag und ein Podiumsgespräch zur Europadebatte statt. Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ hat sich als Mitorganisatorin des Anlasses engagiert. Für die Wirtschaft ist klar: Die Beziehung zur Europäischen Union muss verbessert werden und die Zeit drängt. Unternehmen brauchen Rechtssicherheit, um am Standort Schweiz zu investieren.

Einerseits will unser Land möglichst unabhängig bleiben, andererseits aber von den vielen Vorteilen der europäischen Integration profitieren. Der Begriff «Souveränität» hat dabei nicht nur eine politikwissenschaftliche und rechtliche Komponente, sondern auch eine emotionale. Um das derzeit angeschlagene Verhältnis mit der Europäischen Union wieder normalisieren zu können, braucht auch innenpolitisch Diskussionen auf verschiedenen Ebenen. Zusammen mit economiesuisse, HotellerieSuisse, der Vereinigung «Die Schweiz in Europa» sowie Operation Libero lud die IHZ deshalb zu einem Diskussionsabend ein. Das Ziel: durch einen konstruktiven Austausch Lösungsansätze zu finden und den Stillstand in der Europapolitik zu überwinden.

Historische Bewertung der schweizerischen Souveränität
Der renommierte Historiker Prof. André Holenstein der Universität Bern führte in seinem Vortrag durch die durchaus mythologisierte Schweizer Souveränitätsgeschichte. Die Schweiz liege in Mitten von Europa, weshalb auch die Innenpolitik stets von äusseren Einflüssen geprägt gewesen sei. Die Schweiz sei von der alten Eidgenossenschaft, zum modernen Bundesstaat und bis heute eher im Zeichen der Verflechtung und Interdependenz als der Eigenständigkeit gestanden. Kooperationen und Integration sind aus seiner Sicht genau das Erfolgsmodell unseres Landes. Für die gegenwärtige Europadebatte bedeutet dies, dass die Augen nicht verschlossen werden sollten vor der Notwendigkeit eines einvernehmlichen Verhältnisses mit der EU.

Die Wirtschaft braucht Rechtssicherheit, die Schweiz soll mitreden

Die Panelteilnehmenden Prof. Dr. Alexander Trechsel, Professor für Politikwissenschaft an der Uni Luzern, Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Operation Libero, Franz Grüter, Verwaltungsratspräsident der green.ch Gruppe und SVP-Nationalrat und Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse waren sich zu Beginn der Veranstaltung einig: Die Beziehung zur Europäischen Union ist kompliziert. Monika Rühl pochte dabei auf eine rasche Lösung. Europa ist der mit Abstand grösste Handelspartner der Schweiz. Wenn die Beziehungen blockiert bleiben werde der Wirtschaftsstandort Schweiz geschädigt. Unternehmen investieren dann in ihre ausländischen Niederlassungen, wenn sie beispielsweise aufgrund des Ausschlusses aus dem Forschungsprogramm Horizon hier benachteiligt werden oder die Unsicherheit über zukünftige Wettbewerbsnachteile überwiegen. Die Souveränitätsfrage findet Monika Rühl übertrieben. Die schweizerischen politischen Instrumente der direkten Demokratie wie Referenden und Initiativen würden auch in einer institutionalisierten Beziehung mit der EU unverändert bestehen bleiben, wie das bereits beim gültigen Schengen-Abkommen beobachtet werden kann. Der Unterschied sei aber, dass die Schweiz wenigstens am Tisch sitze und mitreden kann.

 

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