
US-Zölle
Was bisher über neue US-Importzölle bekannt ist und was sie für Zentralschweizer Unternehmen bedeuten
Die am 9. April 2025 in Kraft getretenen länderspezifischen Reziproken Zölle wurden nach wenigen Stunden vorerst für 90 Tage ausgesetzt. Die seit dem 5. April 2025 geltenden Basiszölle von 10 Prozent auf alle Länder sowie die Strafzölle gegenüber China bleiben bestehen.
Für Schweizer Unternehmen bedeutet das vorerst eine deutliche Entspannung der Situation. Zölle von 10 Prozent sind erstens eher betriebswirtschaftlich tragbar, zweitens ist die signifikante Diskriminierung von Schweizer Produkten gegenüber fast allen anderen Ländern eliminiert.
Die Unsicherheit ist aber nach wie vor gross. Diese Unsicherheit sowie mögliche kurzfristige Reaktionen der Unternehmen kosten viel Geld. Die weitere Entwicklung ist schwierig abzuschätzen.
Die reziproken Strafzölle der USA
Zusätzlich zu den Basiszölle in der Höhe von 10 Prozent für alle Importe zusätzlich zu bereits bestehenden Gebühren, Steuern und Zollabgaben werden - Stand jetzt - ab dem 9. Juli 2025 zusätzliche länderspezifische Zölle ("reciprocal tariffs") von bis zu 49 Prozent erhoben (Executive Order vom 2. April 2025). Der länderspezifische Zollsatz für die Schweiz beträgt übermässig hohe 31 Prozent gemäss Annex I der Verordnung. Nach der offiziellen Einführung der reziproken Zölle am 9. April 2025 wurde nach wenigen Stunden eine Zollpause von 90 Tagen verlautet. Die Verordnung regelt darüber hinaus folgende Aspekte:
Güter, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits auf ihrem endgültigen Verkehrsträger (Schiff oder Flugzeug) befinden und somit im Transit sind, unterliegen nicht dieser Zollerhöhung. Ebenfalls beziehen sich die ad-valorem Abgaben nur auf den nicht-US-Anteil von Artikel, sofern der US-Anteil mindestens 20 Prozent beträgt.
Diese Zölle gelten gemäss Executive Order u.A. nicht für folgende Produkte (Zolltarifnummern gemäss Annex II und gemäss Verordnung):
- Pharmazeutische Produkte
- Kupfer
- Halbleiter
- Gewisse Holzprodukte sowie Energie und Rohstoffe, die in den USA nicht existieren
- sowie Stahl und Aluminium (Zölle von 25%)
- Importfahrzeuge (Zölle von 25% ab 3. April) und Autoteile (Zölle von 25% ab 3. Mai 2025), Waren die unter das USMCA-Abkommen fallen, sind ausgenommen.
Unmittelbare Massnahmen für Unternehmen:
- Warenursprung der exportierten Ware kontrollieren
- Wert der Ware evaluieren (Gibt es Möglichkeiten zur Minderung des für den Zoll massgeblichen Wertes der Ware?)
- Tarifklassifikation kontrollieren
- Abklären, wie in den Verträgen geregelt ist, wer Importzollaufwände übernimmt
- Abklären ob Zollvergünstigungsprogramme (bspw. Duty Drawbacks) anwendbar sind
Spezielles:
Es gibt Informationen von Unternehmen, bei denen Waren gegenwärtig am US-Zoll blockiert werden. Es muss beispielsweise die Herkunft der im Produkt enthaltenen Metalle bewiesen werden.
Anlaufstellen für betroffene Unternehmen
- Für die Umsetzung der Zölle ist die US-Zollverwaltung U.S. Customs and Border Protection verantwortlich
- Bei spezifischen Fragen bezüglich Exorte aus der Shweiz in die USA steht Exporthelp von Switzerland Global Enterprise S-GE zur Verfügung
Telefon: 0844811812
E-Mail: exporthelp[at]s-ge.ch
Webseite: S-GE Exporthelp
Bedeutung für die Zentralschweiz
Zölle in der übermässigen Höhe von 31 Prozent würden die Zentralschweizer Wirtschaft stark belasten. Zwar ist die Zentralschweizer Wirtschaft weniger abhängig von den USA als der Rest der Schweiz, dennoch gehen mit einem Wert von 3 Milliarden Franken etwa 14 Prozent der Warenexporte nach Amerika - Schweizweit sind es fast 18 Prozent. Im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung entsprechen die Exporte in die USA rund 4 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Der Anteil ist schweizweit mit 7 Prozent deutlich höher. Da auch andere Länder von Zöllen betroffen sind und sich die Wirtschaftsleistung abkühlen wird, sind fast alle Unternehmen mindestens indirekt betroffen – bspw. Unternehmen, die in die EU exportieren.
Daten über die Waren, die aus der Zentralschweiz in die USA exportiert werden, sind nicht öffentlich. Aufgrund des Zentralschweizer Branchenmix im Export kann angenommen werden, dass im Vergleich zum Rest der Schweiz weniger Warengruppen von den Ausnahmen erfasst werden. Während schweizweit die von den Strafzöllen nicht betroffenen Warengruppen pharmazeutische Produkte (52% der Exporte) und Gold (18%) einen grossen Teil der Exporte in die USA ausmachen, sind wichtige Zentralschweizer Exportgüter wie Maschinen, Apparate, Präzisionsinstrumente, sonstige Fahrzeuge, Medizinaltechnik und chemische Produkte stark betroffen. Gemäss den letzten verfügbaren Zahlen auf kantonaler Ebene exportierten 2023 insbesondere Nidwaldner und Obwaldner Unternehmen viel in die USA. In Uri und Schwyz ist der US-Anteil an den Gesamtexporten deutlich kleiner. Im Kanton Zug machen pharmazeutische Produkte einen signifikanten Teil der Exporte aus.
Aus diesen Gründen erwarten wir für die Konjunktur der Zentralschweiz Stand heute zwar eine weitere Eintrübung des bereits unterdurchschnittlich prognostizierten Wirtschaftswachstums, jedoch keine Rezession. Das heisst aber auch, dass einzelne Unternehmen stark betroffen sein können. Das heisst, es muss mit Kurzarbeit oder gar Arbeitsplatzverlusten gerechnet werden.
Erwartungen an den Bundesrat
Nun ist es wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren und die neuen Tatsachen in Ruhe zu analysieren. Die IHZ begrüsst die Position des Bundesrats, dass die Schweiz auf vorerst keine Strafzölle gegen die USA plant. Bei Zöllen verlieren alle, egal auf welcher Seite sie wirken.
Die Schweiz wie auch alle ihre Handelspartner müssen sich stärker denn je für einen regelbasierten internationalen Handel und für eine schlagkräftige Welthandelsorganisation (WTO) einsetzen. Sie müssen für die Vorteile des freien Handels bekennen und Massnahmen gegenüber den USA WTO-konform umsetzen, um die Glaubwürdigkeit der Institution zu garantieren. Die USA ist lediglich für einen Zehntel des Welthandels verantwortlich. Die restlichen 90 Prozent dürfen vom schädlichen Alleingang der USA nicht betroffen werden.
Wie berechnen sich die 31 Prozent?
Scheinbar liegt den länderspezifischen Zöllen eine einfache, sehr weit hergeholte “Milchbüchli”-Rechnung zu Grunde, die sich auf die Höhe des Handelsdefizits bezieht. Dabei wird das Handelsdefizit (US-Importe aus Land A minus US-Exporte nach Land A) durch die US-Importe aus Land A gerechnet. Dieses Verhältnis hat aber nichts mit angewendeten Zöllen von Land A zu tun. Hohe Zölle gelten bei Importen in die Schweiz nämlich höchstens im Agrarbereich. Mit dem Industriezollabbau wurden per 1. Januar 2024 praktisch alle anderen Importzölle von der Schweiz unilateral abgebaut.