Vernehmlassung zur Umsetzung der OECD–Mindestbesteuerung

Vernehmlassung zur Umsetzung der OECD–Mindestbesteuerung

Ab 2024 sollen Gewinne grosser, international tätiger Unternehmen zu mindestens 15 Prozent besteuert werden, ansonsten dürfen andere Länder die Differenz einfordern. Das haben die OECD-Mitgliedstaaten im Grundsatz entschieden. Das Eidgenössische Finanzdepartement EFD hat nun eine verkürzte Vernehmlassung lanciert, um mit diesem ambitiösen Fahrplan mitzuhalten und keine Steuergelder ans Ausland zu verlieren. Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ unterstützt die Strategie des Bundesrates und empfiehlt den Zentralschweizer Kantonen den politischen Diskurs zu dieser steuerlichen Revolution schnellstmöglich aufzunehmen.

Seit langem wird innerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) über Steuerreformen auf internationaler Ebene diskutiert. Mit solchen Massnahmen sollen Steuervermeidungspraktiken von unternehmerischen Konstrukten in Tiefsteuerländern verhindert werden. Die internationale Steuerreform wird nun konkret. Die OECD präsentierte ein Regelwerk mit zwei Säulen, die auch bei den G20-Staaten Zustimmung fand. Die erste Säule beinhaltet ein Paradigmenwechsel in der Besteuerung. Gewinne sollen nicht mehr am Unternehmenssitz besteuert werden, sondern teilweise in den sogenannten Marktstaaten. Das heisst, dass zukünftig auch der Ort, an dem die Verkaufserlöse der Unternehmen anfallen, für die Besteuerung ausschlaggebend sein soll. Diese Regel betrifft jedoch nur sehr grosse Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 21 Milliarden Franken und hoher Profitabilität. Das Staatsekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) geht davon aus, dass in der Schweiz lediglich zehn Firmen betroffen sein werden. Die zweite Säule zielt auf Niedrigsteuerländer ab und soll den vermeintlich ruinösen Steuerwettbewerb verhindern. Die Richtlinie bestimmt, dass die Besteuerung der weltweiten Gewinne von Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von mehr als 750 Millionen Euro in allen Ländern mindestens 15 Prozent erreicht. Gemäss SIF wären 200 Schweizer Unternehmen sowie 2000 Schweizer Tochtergesellschaften ausländischer Konzerne von der Steuer betroffen.


Die Diskussionen um die erste Säule sind noch nicht beendet. Hingegen sind die OECD-Mitgliedsländer bestrebt, die Massnahmen der zweiten Säule bereits 2024 in Kraft zu setzten. Aufgrund der langwierigen gesetzgeberischen Prozessen in der Schweiz sowie der drastischen Effekte der Steuerreform auf den Föderalismus und die steuerliche Standortattraktivität, steht der Bundesrat vor einer grossen Herausforderung. Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) hat nun mit der Lancierung einer Vernehmlassung die Strategie des Bundesrates präsentiert. In einem ersten Schritt wird mit Art. 129a BV eine Verfassungsänderung angestrebt, die es den verschiedenen Staatsebenen überhaupt erlaubt, Unternehmen je nach Grösse unterschiedlich zu besteuern. Zudem schafft Art. 197 Ziff. 14 BV die Grundlage, dass der Bundesrat Übergangsbestimmungen auf Verordnungsebene konkretisieren kann, die dann von den Kantonen direkt umgesetzt werden können. Das ermöglicht der Schweiz, den Fahrplan einzuhalten und rasch auf Änderungen des Regulierungsvorschlages der OECD reagieren zu können. Die Vernehmlassung zu den Details der Verordnung folgt im Sommer. Ein durch das Parlament beschlossenes Gesetz soll die Verordnungen zu einem späteren Zeitpunkt ablösen. Die obligatorische Volksabstimmung zur Verfassungsänderung ist bereits für den 18. Juni 2023 geplant, sodass die Änderungen 2024 in Kraft treten können.

 
Haltung der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ

Die IHZ unterstütz das Vorgehen des Bundesrates. Auch wenn die Mindeststeuer unweigerlich einen Einfluss auf den interkantonalen Steuerwettbewerb haben wird, zeigt sich der Bundesrat bestrebt, den Föderalismus bestmöglich zu wahren. Sich gegen die OECD-Mindeststeuer, beziehungsweise gegen die gesetzlichen Vorbereitungen des Bundesrates zu stellen, erachtet die IHZ als schädlich für die Schweiz und insbesondere für die Zentralschweiz. Die Regelungen sind so konzipiert, dass Staaten, in denen die in der Schweiz besteuerten Unternehmen Niederlassungen haben, die Differenz zur Mindestbesteuerung einfordern können. Der Schweiz würden also Steuereinnahmen entgehen, die effektiven Steuern der internationalen Grosskonzerne aber dennoch ansteigen.


Alle Zentralschweizer Kantone betroffen

In welchen Kantonen die Mindeststeuer um wie viel unterschritten wird, ist zurzeit noch schwierig zu sagen. Erstens können sich die effektiven Steuerfüsse je nach Unternehmen, Domizil, Branche und Organisationsform unterscheiden und zweitens ist die Berechnungsgrundlage für die OECD-Mindestbesteuerung nicht identisch mit der schweizerischen Steuerpraxis. Gemäss einer Studie von Portmann und Staubli 2021 lag die Steuerlast für ein repräsentatives, normalbesteuertes Unternehmen in 18 Kantonen unter der Schwelle von 15 Prozent. Unter diesen 18 Kantonen befinden sich alle Zentralschweizer Kantone. Es zeichnet sich bereits ab, dass die Patentbox nicht abgegrenzt wird und zu effektiven Steuersätzen von unter 15 Prozent beitragen könnte.


Kurzfristig wird die Einführung der Mindeststeuer wohl zu signifikanten Steuermehreinnahmen führen. Erst mittel- bis langfristig wird die Schweiz das Steuersubstrat von Unternehmen durch die relative Minderung des steuerlichen Standortvorteiles verlieren. Diese kurzfristigen Mehreinnahmen gilt es effizient in andere Standortvorteile zu investieren. Erstens muss die Schweiz ein attraktives Land mit Anbindung zu den Weltmärkten bleiben. Das heisst, es braucht Freihandelsabkommen und gute Beziehungen zur Europäischen Union sowie Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften. Zweitens müssen Abgaben und Steuern, die in der Berechnung der Mindeststeuer keine Beachtung finden, abgeschafft werden.


Die Steuerreform lanciert aber auch den föderalistischen Wettbewerb neu. Die IHZ wird sich dabei stark dafür einsetzen, einen Subventionswettkampf zu verhindern. Branchenspezifische Subventionen sind aus politökonomischer Sicht ineffizient und abhängig von den Ressourcen für Lobbying der jeweiligen Sektoren. Die Zentralschweizer Kantone sollen bereits jetzt den politischen Diskurs um die Frage vorbereiten, wie die allgemeine Standortattraktivität gefördert werden kann. Beispiele dafür sind einfache, unbürokratische Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation sowie Senkung der Abgaben für Arbeitnehmende sowie der Steuerlast für natürliche Personen.

Denken Sie mit!

Das Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern (IWP) hat zu dieser Thematik einen ausführlichen Beitrag verfasst (Q&A zur OECD-Mindeststeuer)

Sehen Sie sich mit der Position der IHZ als Mitglied nicht repräsentiert oder ging ein Aspekt vergessen, wichtig für Ihr Unternehmen ist? Dann kontaktieren Sie mich gerne jederzeit. Die Vernehmlassung dauert noch bis zum 20. April 2022.

Kontakt

Yves Spühler, Wirtschaftspolitik

yves.spuehler@ihz.ch

041 417 01 46

Alle offiziellen Unterlagen finden Sie hier.

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