Zentralinfo 01/2023 «bewegen»: Interview mit Andy Schmid

Zentralinfo 01/2023 «bewegen»: Interview mit Andy Schmid

Spitzenhandballer Andy Schmid über seine Karriereziele mit dem HC Kriens-Luzern und sein zukünftiges Traineramt bei der Schweizer Handball-Nationalmannschaft.

Nach zwölf Jahren in Deutschland und einem Jahr in Dänemark sind Sie seit Juli 2022 zurück in der Zentralschweiz. Hand aufs Herz, wie gross war der Kulturschock nach so langer Zeit? Eigentlich nicht so gross, denn wir planten diesen Umzug als Familie lange und reisten mit den Kindern bereits im Vorfeld so oft wie möglich nach Luzern, damit die Eingewöhnung leichter fällt. Aber ich muss schon sagen, dass ich mich in den ersten Wochen wie ein Tourist in einer wunderschönen Stadt fühlte. (lacht). Immer wieder kam ich an Plätze und Orte, die mich an meine Kindheit oder Jugend in Luzern erinnerten. Ein spezielles, aber auch schönes Gefühl.

Für Sie ist die Zentralschweiz Heimat. Nicht so für Ihre Frau und Ihre beiden Söhne. Wie seid ihr als Familie angekommen?
Meine beiden Söhne kannten nur Mannheim als Wohnort, aber sowohl meiner Frau als auch den beiden Kindern fiel das Ankommen zum Glück leicht. Wir durften auf grosse Unterstützung unserer Verwandtschaft zählen, die eigentlich alle in unserer Nähe wohnen in Hergiswil. Das half sicher enorm, dass die Kinder gleich Anschluss hatten und Spielgefährten wie Cousinen und Cousins da waren. Ich hatte grossen Respekt davor, bin jetzt aber entsprechend erleichtert. Die schöne Umgebung tat dann das Übrige, dass nun alle wirklich angekommen und happy sind.

Nach langer Zeit im Ausland haben Sie auch einen Aussenblick auf die Zentralschweiz. Wie nehmen Sie die Region wahr, wie charakterisieren Sie sie?
Ich fand die Stadt Luzern und die Zentralschweiz immer einzigartig. Aber irgendwie schätzt man die Vorzüge mehr, wenn man während einer gewissen Zeit auf sie verzichten muss. Manchmal, so ist mein Eindruck, verlieren die Leute den Blick für die Schönheit unserer Region und betrachten dies als selbstverständlich. Die Berge, der See, die Landschaft, eine solche Konstellation ist weltweit einzigartig. Die Menschen sind freundlich und bodenständig, aber auch weltoffen.

Sie waren in der Bundesliga fünffacher «most valuable player». Was sind heute Ihre sportlichen Ziele, was wollen Sie mit dem HC Kriens-Luzern noch bewegen?
Wir wollen die laufende Qualifikation auf Rang eins beenden, was uns den Heimvorteil in den Play-offs sichert. Dann freue ich mich auf die Zeit, wenn’s ernst gilt und die Entscheidungen anstehen. Natürlich wollen wir alle sportlich das Maximum herausholen. Meine Erfahrung sagt aber, je mehr man über etwas redet, desto geringer ist die Möglichkeit, dass es eintritt. Wichtig ist, dass jeder von uns alles gibt und sich den gemeinsam gesteckten Zielen unterordnet. Alles andere kommt von alleine.

Sie sorgen in der Zentralschweiz für einen Handballboom. Was braucht es, damit dieser nachhaltig ist?
Wichtig ist, dass der aktuelle Boom kein Strohfeuer ist, sondern mittelfristig alle an der aktuellen Situation partizipieren und davon profitieren. Dies beginnt beim Nachwuchs und der Ausbildung der jungen Spieler. Diesbezüglich sind wir in der Innerschweiz hervorragend aufgestellt. Ein Titel wäre sicher auch hilfreich, damit der Handball auf der sportlichen Landkarte noch deutlicher sichtbar wird.

Wo steht der Zentralschweizer respektive der Schweizer Handball im internationalen Vergleich?
Zieht man die aktuelle Tabelle heran, ganz oben. Das ist aber eine Momentaufnahme, die auch trügerisch sein kann. Die Quickline Handball League verbessert sich stetig, immer mehr Schweizer Spieler sind in der Bundesliga oder in Top-Ligen engagiert. Davon wird auch die Nationalmannschaft profitieren. Unser Vorbild müssen die Dänen, Isländer oder Holländer sein. Vom Einzugsgebiet und der Grösse her sind diese Länder vergleichbar. Die aufgezählten Länder investieren enorm viel in den Nachwuchs, was grosse Erfolge mit sich bringt.

Kriens bekommt mit der Pilatus Arena eine neue Sport- und Eventarena. Weshalb ist dieses Projekt für den Zentralschweizer Sport so wichtig?

Weil die Zentralschweiz aktuell über keine adäquate Sport- und Eventarena verfügt. Der Bezug 2025 wird dem ganzen Indoorsport einen gewaltigen Schub verleihen. Natürlich profitiert der HC Kriens-Luzern on der Pilatus Arena, die das neue Zuhause werden wird. Endlich bekommen wir die Möglichkeit, Sponsoren und Partnern entsprechende Möglichkeiten anzubieten, wie beispielsweise den Hospitalitybereich. Auch für alle anderen Zuschauenden bedeutet der Besuch einen Quantensprung im Vergleich mit den aktuellen Turnhallen, in denen wir unsere Heimspiele austragen – und in allen Belangen an die Grenzen stossen. Die Vorfreude ist riesig, auch wenn ich selbst nicht mehr in der Pilatus Arena auflaufen werde. Ich bin stolz, als Botschafter für die neue Arena im Einsatz zu stehen. 

Seit Ende Februar ist die Katze aus dem Sack: Sie übernehmen ab 2024 das Traineramt der Schweizer Handball Nationalmannschaft. Wie gelingt Ihnen dieser Schritt vom Spieler zum «Natitrainer»?
Die Ernennung für diesen Posten und das Vertrauen seitens Verbandes stellt für mich eine absolute Ehre dar. Die Reise als Spieler war unglaublich und ist auch noch nicht zu Ende. Nach meiner aktiven Karriere nun den Posten des Nationaltrainers übernehmen zu dürfen, erfüllt mich mit Stolz. Ich bin überzeugt, ich kann den Schweizer Handball weiterbringen. Schon während meiner Aktiv-Karriere hatte ich immer das grosse Ganze im Blick und diese Vision will ich auch als Coach weiterverfolgen. In den vergangenen Jahren kristallisierte sich immer mehr heraus, dass ich Trainer werden möchte. Mit der Ausbildung beim SHV habe ich somit bereits 2017 begonnen. Im Dezember konnte ich meine schriftliche A-Lizenz-Prüfung erfolgreich abschliessen. Im Sommer werde ich noch den Berufstrainer-Lehrgang in Magglingen besuchen.

Abschliessend, welche Charakteristiken werden den künftigen Nationaltrainer Schmid auszeichnen?
Wichtig ist, im Leben wie Beruf, authentisch zu bleiben. Ich bin mir der grossen Verantwortung bewusst und will mit positivem Beispiel vorangehen. Dabei stellt die Kommunikation ein wesentliches Element dar. Ich weiss aber auch, dass ich die kommenden eineinhalb Jahre intensiv nützen will, mich optimal auf diese herausforderungsreiche Aufgabe vorzubereiten.

 

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