Zentralinfo 01/2025 «Kommunikation»: Wie viel Politik verträgt die Unternehmenskommunikation?

Zentralinfo 01/2025 «Kommunikation»: Wie viel Politik verträgt die Unternehmenskommunikation?

Unternehmen sind in unserem Milizsystem zwangsläufig von politischen Diskussionen betroffen. Aber wie weit soll man sich in die politische Meinungsbildung einbringen? Die Versuchung ist gross, gar nicht oder nur sehr zurückhaltend zu informieren. Warum das ein Fehler sein kann.

Sollte Unternehmenskommunikation per se apolitisch sein? Als Firmenverantwortliche haben Sie sich diese Frage bestimmt schon mehr als einmal gestellt – und sie ist auch berechtigt. Unternehmen sind keine politischen Parteien und müssen nicht um ständige Medienpräsenz buhlen oder zu jeder Entscheidung, die in Bern getroffen wird, mittels Pressestatement Stellung beziehen. Als Firmenverantwortliche verbringen Sie auch nicht die meiste Zeit auf X oder einer anderen Plattform der sozialen Medien und werden zu Dauerkommentatoren des Weltgeschehens – das ist auch gut so. Unternehmen werden aber gewollt oder ungewollt in die politische Arena hineingesogen. Nehmen wir das Beispiel meines Arbeitgebers Helvetia Versicherungen.

Gerade in einem etablierten Milizsystem, in dem Politikerinnen und Politiker vom Fachwissen von Expertinnen und Experten abhängig sind, ist es angebracht, dass Unternehmen Position beziehen.

Position beziehen und Konsequenzen aufzeigen
Als Versicherungsunternehmen mit einer Firmengeschichte von über 160 Jahren sind wir in so vielen Bereichen der Gesellschaft verankert, dass wir selbstverständlich Teil des öffentlichen Diskurses sind – sei es als grosser Immobilienbesitzer im zurzeit sehr viral diskutierten Thema des Wohnschutzes oder bei der scheinbar nicht reformierbaren Altersvorsorge, die uns vor grosse Herausforderungen stellt. Unser Geschäftsmodell ist politisch-gesellschaftlich relevant, und daher ist es auch naheliegend, dass wir uns zu politischen Entscheidungen, die unsere Geschäftstätigkeit direkt oder indirekt betreffen, äussern und damit auch die öffentliche Debatte mitgestalten. Gerade in einem etablierten Milizsystem, in dem Politikerinnen und Politiker vom Fachwissen von Expertinnen und Experten abhängig sind, ist es angebracht, dass Unternehmen Position beziehen. Dabei geht es primär nicht darum, eine politische oder ideologisch gefärbte Haltung zu vertreten, sondern darum, mögliche Konsequenzen eines politischen Entscheides aufzuzeigen.

Mitarbeitende am politisch-gesellschaftlichen Prozess beteiligen
Neben der Bereicherung der öffentlichen Diskussion stellt aus meiner Sicht die Kommunikation an die eigenen Mitarbeitenden einen wichtigen Aspekt dar. Als Schweizer Unternehmen ist es uns ein zentrales Anliegen, dass sich unsere Mitarbeitenden am politisch-gesellschaftlichen Prozess beteiligen – sei es aktiv im Rahmen eines Milizamtes oder indem sie von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen. Wir informieren beispielsweise unsere Mitarbeitenden über den Inhalt jeder Abstimmung auf eidgenössischer Ebene in neutraler Art und Weise. Dies nie mit der Absicht, ein bestimmtes Abstimmungsverhalten zu provozieren, sondern den Meinungsbildungsprozess zu befeuern.

Platz für öffentliche Debatten bieten
Seit dem Bezug unseres neuen Campus in Basel sind wir glücklicherweise im Besitz eines Auditoriums mit über 200 Plätzen. Dies ermöglicht es uns, öffentliche Podiumsdiskussionen und Debatten zu organisieren, die nicht nur unseren Mitarbeitenden zugutekommen, sondern auch von unseren Kundinnen und Kunden und anderen interessierten Kreisen aus Politik, Medien und Wirtschaft rege besucht werden. Gehen wir mit unserer Kommunikation ein Risiko ein? Bei verantwortungsbewusster Umsetzung sehen wir es eher als Chance und Verpflichtung, als Unternehmen mit gesellschaftlicher und sozialer Verantwortung einen Beitrag für unser Gemeinwohl zu leisten.

Autor
Marco Natoli, Head of Public Affairs Helvetia Versicherungen

Zur Bildwelt des Magazins:
Im Zentrum der Zentralinfo-Ausgabe 01/25 steht das Thema «Kommunikation». Kommunikation ist die Kunst der Verständigung. Dazu nutzen wir sprachliche Werkzeuge wie die Stimme, Gesten oder die Schrift. Professionelle Kommunikationsarbeit setzt diese Werkzeuge strategisch ein, um die Aufmerksamkeit zu verstärken und ihre Wirkung zu maximieren. Die Bildreihe dieser zentralinfo-Ausgabe schlägt eine sinnbildliche Brücke zwischen den Mitteln der strategischen Kommunikation und den dazu passenden Satzzeichen.

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