Zentralinfo 02/2023 «Zentralschweiz International»: Artikel Bernhard Rütsche
Wegfall des MRA: Auswirkungen auf die Zentralschweizer Maschinenindustrie
Nach dem Scheitern des institutionellen Rahmenabkommens aktualisiert die Europäische Union (EU) das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) nicht mehr. Dadurch kommen auf den Maschinenbausektor neue Handelshemmnisse und Mehrkosten zu.
Ende 2022 haben sich das Europäische Parlament und der Rat der EU über eine neue Maschinenverordnung geeinigt. Die Verordnung soll dem technologischen Fortschritt in den Bereichen Digitalisierung und künstliche Intelligenz Rechnung tragen und gewährleisten, dass nur sichere Produkte in Verkehr gebracht werden. Die EU plant, die Maschinenverordnung dieses Jahr zu verabschieden und dreieinhalb Jahre später zur Anwendung zu bringen.
Weil die EU das MRA mit der Schweiz nicht mehr aktualisiert, fällt mit der neuen Verordnung nach dem Medizinproduktebereich künftig auch im Maschinensektor die Gleichwertigkeit von EU-Recht und schweizerischem Recht dahin. Die Zentralschweizer Maschinenindustrie ist damit beim Zugang zum EU-Markt mit neuen Hürden konfrontiert. Die Unternehmen sind gut beraten, sich frühzeitig auf diese Herausforderungen vorzubereiten.
Umfassender Anwendungsbereich
Die neue EU-Maschinenverordnung ist auf alle Maschinen anwendbar, die auf den Unionsmarkt gelangen, auch solche aus Drittländern wie der Schweiz. Als Maschinen gelten sowohl solche für Endkonsumenten (B2C-Produkte) als auch Industriemaschinen (B2BProdukte) wie Baumaschinen, industrielle Produktionslinien oder digitalisierte Produkte wie Roboter oder 3D-Drucker. Auch Sicherheitskomponenten, Ketten, Seile, Bänder und unvollständige Maschinen sind erfasst. Von der Verordnung ausgenommen sind namentlich Waffen, Haushaltsgeräte sowie Fahrzeuge, die ausschliesslich für den Güter- oder Personenverkehr bestimmt sind.
Mehrkosten und Erleichterungen für das Inverkehrbringen
Die EU-Maschinenverordnung verschärft teilweise die Anforderungen an das Inverkehrbringen von Maschinen – das Erlangen des CE-Kennzeichens. Für Maschinen mit hohem Risikopotenzial ist künftig eine Konformitätsbewertung durch eine unabhängige Drittstelle (Benannte Stelle) zwingend. Insbesondere Maschinen, die mit Cybersicherheit und künstlicher Intelligenz ausgestattet sind, müssen neue sicherheitstechnische Voraussetzungen erfüllen, was höhere Kosten mit sich bringt.
Die neue Verordnung bringt aber auch mehr Digitalisierung. So können der Konformitätsnachweis und die Betriebsanleitung neu in digitaler Form zur Verfügung gestellt werden. Allerdings muss die Anleitung auf Wunsch des Kunden doch wieder kostenlos in Papierform geliefert werden.
Wirtschaftsakteur im EU-Raum
Eine erhebliche Marktzugangshürde für Schweizer Unternehmen wird die Pflicht betreffen, als Wirtschaftsakteur in der EU domiziliert zu sein. Wirtschaftsakteure sind vor allem Hersteller, Importeure und Bevollmächtigte.
Ein Wirtschaftsakteur ist weit mehr als ein blosser Briefkasten, sondern eine mit qualifiziertem Personal ausgestattete Niederlassung. Er ist verantwortlich für den Nachweis der Konformität der Produkte, muss deren Sicherheit gewährleisten und dazu mit den zuständigen Marktüberwachungsbehörden zusammenarbeiten. Für KMU, die Produkte in den EU-Binnenmarkt exportieren, könnte es sich künftig anbieten, zur effizienten Erfüllung dieser Pflichten Kooperationen einzugehen.