
Zentralinfo 02/2024 «Leistung»: Need for Speed
Kaum hat es angefangen, ist das Rennen gegen die Uhr auch schon wieder vorbei: Das E-Rennauto «mythen» beschleunigt schneller als jedes andere vor ihm. In nur 0,956 Sekunden und 12.3 Metern schafft es der Bolide von 0 auf 100 km/h. Mehrere HSLU-Studierende halfen mit, den neuen Weltrekord möglich zu mache
«Das ist wild!», dachte Lukas Betschart, als er beim ersten Test des «mythen» erlebte, welche Kraft die Aerodynamik des E-Rennautos entwickelt. Der HSLU-Masterstudent gehört zum 30-köpfigen Team, das im Akademischen Motorsportverein Zürich (AMZ) das E-Auto konzipiert hat. Das Ziel: den Weltrekord im Beschleunigen zurück in die Schweiz zu holen. Erreichen wollten das angehende Ingenieurinnen und Ingenieure der Hochschule Luzern und der ETH Zürich. Fast ein Jahr lang hatten sie Konzepte entwickelt, diskutiert, berechnet, Modelle erstellt, Neuerungen aufeinander abgestimmt, ausprobiert, die Berechnungen überprüft, Modelle verfeinert, nochmals berechnet. Und jetzt gilt es also ernst. Auf dem Flugplatz in Dübendorf treffen sich das AMZ-Team, das Schweizer Fernsehen und unabhängige Zeugen, die es braucht, um bei Guinness World Records Limited einen Rekord anzumelden. Das Ingenieurteam weiss um die Wichtigkeit und Zuverlässigkeit von Berechnungen und Modellen. Und die sagten: Mit dem «mythen» ist ein neuer Weltrekord möglich. Aber bei allem Vertrauen in die Modelle gehen einem dann so kurz vor dem Start doch Fragen durch den Kopf: Was, wenn ein winziges Teilchen …? Oder ein Softwarefehler …? Oder irgendeine Kleinigkeit …?
Es geht noch besser.
Eine Flagge signalisiert «Start», die Lenkerin beschleunigt. Kein winziges Teilchen, kein Softwarefehler, keine Kleinigkeit – der neue Weltrekord gelingt im ersten Anlauf: von null auf hundert in 1.123 Sekunden. Es wird gejubelt, aber es ist auch klar: Da geht noch mehr! Also wird geschraubt, Räder werden aufgewärmt und schon kommt die nächste und übernächste Runde, bis es im neunten Anlauf klappt: «mythen» hat es, hochoffiziell beglaubigt, in weniger als einer Sekunde geschafft. «Dieser Weltrekord war Teamwork», betont Lukas Betschart. «Ich war zusammen mit anderen Studierenden für die Elektronik zuständig. Diese an sich macht den Weltrekord nicht aus. Sie muss in erster Linie leicht sein und funktionieren.»
Es geht weiter.
Der Weltrekord in diesem Jahr war eine Kür, für die sich verschiedene Studierende, die bereits an einem Auto mitgearbeitet hatten, nochmals zusammenfanden. Wird der Rekord nun die Autoindustrie beeinflussen? Lukas Betschart lacht. Dieses Auto möchte ich nicht auf der Strasse sehen!» Zwar hält er es für möglich, dass einzelne Konzepte und Komponenten ihren Weg dahin finden. Den eigentlichen Gewinn für die Industrie sieht er anderswo: «Sie bekommt 30 junge Berufsleute, die wissen, was es heisst, Ingenieurin oder Ingenieur zu sein. Die die Erfahrung gemacht haben, mit einem Fachproblem konfrontiert zu sein und zu wissen: Es ist jetzt deine Aufgabe, das zu lösen. Die dann anpacken. Und die
wissen, wie man erfolgreich im Team zusammenarbeitet.»
Gesamtausgabe «zentralinfo» 02/2024 (PDF)
Artikel von: Senta van de Weetering, Projektleiterin Newsroom & Unternehmenskommunikation, Hochschule Luzern HSLU
Bilder: Die Bildreihe in dieser «zentralinfo»-Ausgabe zum Thema «Leistung» entstand im Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil, wo geforscht, getestet, entwickelt, trainiert und produziert wird – um querschnittgelähmte Menschen im Alltag, im Sport und in der Mobilität optimal zu unterstützen – und das ein Leben lang.