Zentralinfo 03/2025 «Regulierung»: Wir müssen wieder lernen, für die Freiheit zu kämpfen

Zentralinfo 03/2025 «Regulierung»: Wir müssen wieder lernen, für die Freiheit zu kämpfen

Ein liberales Staatsverständnis und das Prinzip der Eigenverantwortung sind aktuell nicht populär. Gerade darum müssen wir mehr denn je dafür kämpfen. Sozialistische und populistische Heilsversprechen werden das höchste Gut zerstören, das wir haben: unsere Freiheit.

Der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck, der aus der DDR stammte, sprach oft über sein Kernthema: Verantwortung. Er hatte erlebt, was es hiess, in einem Bevormundungsstaat zu leben. In einem Staat, der seine Bürger einsperrte, überwachte und sich vor nichts mehr fürchtete als dem freien Geist der Mutigen, die sich gegen das System auflehnten. Die in der Bundesrepublik sozialisierten Politiker reden heute hingegen von «Gerechtigkeit» und meinen damit im Kern «Umverteilung» des Reichtums, den unternehmerische und findige Menschen geschaffen haben. Leistung wird nicht mehr belohnt oder geschätzt, sondern in Verruf gebracht. Allerdings werden die Steuereinnahmen gerne genommen, um die eigene Klientel zu bedienen und sich damit die Wiederwahl zu sichern.

Der Staat wird zum Selbstbedienungsladen
Eine solche Haltung war bis vor wenigen Jahren in der Schweiz undenkbar. Wir hatten über Jahrzehnte den Konsens, dass unser liberales Staatswesen Freiheit, Wohlstand und Stabilität garantiert. Wir waren stolz auf einen Staat, der den Menschen vertraut, statt sie zu bevormunden. Auf einen Staat, der Chancen schafft und nicht jedes Problem mit Steuergeld zukleistert. Und es war unbestritten, dass jede und jeder zuerst für das eigene Leben verantwortlich ist und dass unser dicht geknüpftes Sozialnetz für jene reserviert ist, die wirklich staatliche Unterstützung brauchen. Diese Überzeugungen gelten spätestens seit der Corona-Pandemie nicht mehr.

Der Staat entwickelt sich zunehmend zu einem Selbstbedienungsladen. Diejenigen, die durch ihre Arbeit Wohlstand erschaffen, müssen immer höhere Sozialabgaben leisten – und das längst nicht mehr nur zur Finanzierung breit akzeptierter Sozialwerke wie der AHV, sondern auch zur Befriedigung ständig neuer Ansprüche an den Staat. Kitas werden staatlich gefördert, Krankenkassenprämien werden verbilligt, eine 13. AHV-Rente wird ausgerechnet an die wohlhabendste Generation ausgezahlt, die unser Land je erlebt hat, und die Linke fordert einen immer weiteren Ausbau des Sozialstaats. Dies auf Kosten der nächsten Generationen. Was daran «sozial» sein soll, ist mir schleierhaft.

Liberale Prinzipien wiederbeleben
Wenn es uns Unternehmerinnen, Unternehmern und Bürgerlichen nicht gelingt, die Kraft und Bedeutung eines liberalen Staatswesens und der Freiheit als Voraussetzung für alles, was uns stark macht, wieder ins Bewusstsein zu rufen, wird die Schweiz schleichend ihre Einzigartigkeit verlieren. Deshalb müssen wir ein überzeugendes Narrativ entwickeln, das nicht nur den Verstand, sondern auch die Herzen erreicht. Dafür gilt es, unsere Hausaufgaben konsequent und gewissenhaft zu erledigen.

Bürokratie abbauen, Überregulierung stoppen und bei der Gesetzgebung auf Qualität und nicht auf Quantität setzen – das sind liberale Maximen, die wir wieder durchsetzen müssen. Gute Gesetze setzen Anreize, um selbst tätig zu werden. Wer will, dass Menschen arbeiten, investieren und innovative Ideen entwickeln, muss sie dazu ermutigen und attraktive Rahmenbedingungen schaffen. Leistung muss sich lohnen. Wer mehr wagt, soll auch mehr behalten dürfen. Das ist keine soziale Kälte, sondern soziale Ehrlichkeit.

Ja, es ist einfacher, neue Leistungen zu versprechen als Ausgaben zu begrenzen. Ja, es ist einfacher, alle Ansprüche zu befriedigen als Nein zu sagen. Wir müssen aber nicht von allen geliebt werden, sondern wir müssen Verantwortung tragen. Freiheit ist kein stabiler Zustand, sondern muss immer wieder verteidigt und errungen werden. Ob uns das gelingt, liegt in unserer Hand.

Autor/Autorin:
Petra Gössi, Ständerätin Kanton Schwyz

Zur Bildwelt des Magazins (Thema «Regulierung»):
Regeln oder Rücksicht? Wo Mensch, Tier, Natur, Gesellschaft und Wirtschaft auf engstem Raum aufeinandertreffen, neben-, mit- und gegeneinander bestehen müssen, sind gewisse Regeln unumgänglich. Gekämpft wird um Recht und Berechtigung – aber manchmal reicht auch schon etwas Respekt und Rücksicht. Die Bildreihe dieser Ausgabe des zentralinfo illustriert im Umkreis der Stadt Luzern solche Spannungsfelder – offensichtliche, aber auch überraschende. Optisch reiben sie sich an einer scharfen Kante, immer auf der Suche nach einem harmonischen Gleichgewicht.

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