
Zentralinfo 04/2024 «Handel»: Herausforderung für KMU bei der Nachhaltigkeitsregulierung
Mit den jüngsten internationalen Regulierungsentwicklungen im Bereich Nachhaltigkeit stehen Schweizer KMU vor zunehmenden Herausforderungen. Nationale Regulierungen können auf die Bedürfnisse der hiesigen Wirtschaft noch eingehen – im internationalen Kontext wird es aber schwierig.
Gerade die mittelbaren wie auch unmittelbaren Auswirkungen neuer EU-Regeln sind für Schweizer Unternehmen schwer vorauszusehen. Insbesondere die dieses Jahr nach langem Ringen verabschiedete Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) macht es für unsere KMU notwendig, sich auf strengere Vorgaben im Bereich der Nachhaltigkeitsregulierung vorzubereiten. Schweizer Unternehmen, die in europäischen Lieferketten tätig sind, müssen sich auf Veränderungen einstellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben und rechtliche Risiken zu vermeiden. Die CSDDD ist noch nicht in Kraft, und Einzelheiten werden erst klar, wenn die EU-Mitgliedsländer diese ins nationale Recht umgesetzt haben. Zeitlich dürfte dies frühestens ab 2027 der Fall sein, zumal jüngste Diskussionen in der EU andeuten, dass es vielleicht noch länger dauert und es nochmals zu Anpassungen kommen könnte.
Berichterstattung im Bereich Nachhaltigkeit
Bereits heute spüren KMU die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsregulierung. Seit Januar 2022 müssen grosse Schweizer Unternehmen – gestützt auf Schweizer Recht – über Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsthemen sowie Antikorruptionsmassnahmen berichten. Seit 2024 gelten zusätzliche Berichterstattungspflichten zu Klima-Emissionen. Dies führt dazu, dass auch KMU als Zulieferer aufgefordert werden, Daten zu liefern und auf Anfrage ihrer Kunden Auskunft zu ihrer eigenen Nachhaltigkeitsstrategie zu geben.
Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette
Die EU-CSDDD verpflichtet Unternehmen in der EU zur Sorgfaltspflicht entlang ihrer Aktivitätenkette und damit insbesondere ihrer Lieferkette. Dies umfasst die Identifikation und Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstoßen. Zwar richtet sich die Richtlinie primär an grosse Unternehmen innerhalb der EU, jedoch sind auch Schweizer Unternehmen – darunter KMU – betroffen. Diese sind oftmals in EU-Lieferketten eingebunden oder pflegen enge Geschäftsbeziehungen mit EU-Unternehmen.
Für KMU bedeutet dies, dass sie in der Lage sein müssen, Auskunft über ihre eigenen Lieferketten geben zu können, wenn dies von einem Kunden einverlangt wird. Eine sorgfältige Lieferkettenanalyse trägt nicht nur zur Risikominimierung bei, sondern kann auch das Vertrauen der Geschäftspartner stärken.
Unterstützung kann hier beispielsweise der Global Compact Schweiz bieten. Dieser bietet eine Plattform für den Erfahrungsaustausch. Teilnehmende Unternehmen verpflichten sich, die zehn Prinzipien des Global Compact in den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsstandards, Umwelt und Korruptionsbekämpfung in ihre Geschäftspraktiken zu integrieren. Hierzu gibt der Global Compact stufengerechte Empfehlungen unter Nutzung seines grossen Netzwerkes grosser wie kleiner Unternehmen.
Fazit
Die dynamischen Entwicklungen im Bereich der Nachhaltigkeitsvorgaben erfordern von Schweizer KMU eine proaktive Auseinandersetzung mit dem Thema. Die Berichterstattungsregeln der grossen Unternehmen zwingen auch kleinere Unternehmen, Nachhaltigkeit strategisch zu priorisieren und transparent zu kommunizieren. Die CSDDD wird dazu führen, dass Lieferketten sorgfältig geprüft werden müssen. economiesuisse wird sich in der Schweizer Politik weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass Regeln auf nationaler Ebene für die Unternehmen handhabbar bleiben, auf die Möglichkeiten von KMU Rücksicht genommen wird und keine bürokratischen Monster geschaffen werden.
Autor:
Erich Herzog, Rechtsanwalt, Mitglied der Geschäftsleitung, economiesuisse
Zur Bildwelt des Magazins:
Ursprünglich stand der Handel exotischer Waren an der Luzerner Määs im Vordergrund. Verkäufer auf der Gotthard-Handelsroute zwischen Italien und Frankreich stellten ihre Stände auf und boten Waren aus aller Welt an. Ab dem 19. Jahrhundert wurden die Unterhaltung und das Vergnügen immer wichtiger. Schaubuden mit Musik und Fahrgeschäfte kamen auf und prägen seither das Bild. Dennoch kommen bis heute viele Händler mit exotischen Ess- und Handelswaren an die Määs und führen die alte Tradition fort. Einige von ihnen wurden an der diesjährigen Määs fotografiert und in dieser Ausgabe des «zentralinfo» in der Bildreihe publiziert.