Fachkräftemangel-Index

Analyse zum Fachkräftemangel-Index 2024

Ärztinnen und Ärzte sind nach wie vor die Berufsgruppe mit dem grössten Fachkräftemangel in der Zentralschweiz. Wie in der letztjährigen Analyse befinden sich Medizinerinnen und Mediziner auf dem ersten Platz von insgesamt 103 analysierten Berufen. Im Vergleich zum letzten Jahr hat sich die Lage sogar noch etwas zugespitzt. Die durchschnittliche Stellenausschreibedauer hat sich von 2,4 Monaten auf 2,5 Monate erhöht. Im Mittel gibt es in diesem Beruf 6 offene Stellen auf eine Stellensuchende Person. Auf dem zweiten Platz liegen Elektroinstallateurinnen und Elektromechaniker. Diese Berufsgruppe hat im Vergleich zum letzten Jahr Installateure und Mechanikerinnen für Elektronik und Telekommunikationstechnik auf dem Podest überholt. Unternehmen in diesem Fachgebiet brauchen zudem am meisten Geduld bei der Rekrutierung. Eine Stellenausschreibung dauert durchschnittlich 2,8 Monate, bis die Stelle besetzt werden kann. Ebenfalls Plätze getauscht haben akademische Krankenpflege- und Geburtshilfefachkräfte (neu auf Platz 4) und die Berufsgruppe Montageberufe (neu auf Platz 5). In diesem Jahr zum ersten Mal in den 10 Berufen mit den grössten Fachkräftemangel sind Metallarbeiterinnen und Mechaniker (Platz 6, vorher 11) und Telekommunikations- und Rundfunktechniker (Platz 7, vorher Platz 13). Am längsten dauert die Stellensuche von Bedienerinnen und Bedienern von Maschinen zur Herstellung von Textil-, Pelz- und Lederwaren mit über 10 Monaten. Diese Berufsgruppe befindet sich wie im letzten Jahr auf dem letzten Platz aller Berufe.

Grösste Entspannung bei Verkaufskräften

Im Gegensatz zur letztjährigen Erhebung, hat sich der Fachkräftemangel bei sonstigen Verkaufskräften am deutlichsten verringert. Die Berufsgruppe ist von Platz 63 auf Platz 85 der 103 gelisteten Berufsgruppen zurückgefallen. Ebenfalls entschärft hat sich die Lage gemäss der Analyse bei Technikern für den Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologie und für die Anwenderbetreuung. Diese Fachkräfte liegen neu auf Platz 54, 14 Plätze weiter hinten als im Vorjahr. Auch Stellen für Fachkräfte im Bereich Sport und Fitness können im Vergleich zu anderen Positionen leichter besetzt werden als noch im Jahr 2023. Die Berufsgruppe liegt neu auf Platz 32 und somit 12 Plätze hinter dem Vorjahresplatz.

Der grösste Sprung nach vorne ist bei Lokomotivführern zu beobachten. Die Berufsgruppe macht 21 Plätze gut und liegt neu auf Platz 23. Ebenfalls schwieriger zu finden sind Schalterbedienstete und Inkassobeauftragte, die von Platz 78 auf Platz 62 rutschen.

 

Im Vergleich zur gesamtschweizerischen Analyse sind in der Zentralschweiz insbesondere Präzisionshandwerker und kunsthandwerkliche Berufe rarer. In der Zentralschweiz belegt die Berufsgruppe Platz 19 der Berufe mit dem grössten Fachkräftemangel, in der Gesamtschweiz auf Platz 82. Ebenfalls ein grosser Unterschied zwischen den regionalen und nationalen Daten besteht bei Telekommunikations- und Rundfunktechnikern. Während der Beruf gesamtschweizerisch Platz 55 belegt, handelt es sich in der Zentralschweiz um die am sechst stärksten betroffenen Berufsgruppe. Analog dazu liegen Installateure und Mechaniker für Elektronik und Telekommunikationstechnik in der Innerschweiz auf platz 3, schweizweit aber lediglich auf Platz 23. 

Normalisierung aber keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt

Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich deutlich entschärft. Kurz nach dem konjunkturellen Höhepunkt der Aufholeffekte im Nachgang der Corona-Pandemie erreichte die Arbeitslosenquote im September 2022 in der Zentralschweiz mit 1,1 Prozent ihren historischen Tiefstand. In der halbjährlichen IHZ-Konjunkturanalyse gaben in jenem Zeitraum fast die Hälfte der Unternehmen an, dass sie unter einem zu tiefen Personalbestand leiden. Seither deuten fast alle Indikatoren in die andere Richtung. Gemäss dem Swiss Job Tracker der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich ist die Zahl der inserierten Stellen seit Februar 2023 rückläufig – besonders deutlich in der Industrie sowie im Detail- und Grosshandel. Die Arbeitslosenquote in der Zentralschweiz nahm zwischen September 2023 und Juli 2024 mehr als 36 Prozent zu. In der IHZ-Konjunkturumfrage vom Mai 2024 gaben nur noch 25 Prozent der Unternehmen an unter einem zu tiefen Personalbestand zu leiden. Es wäre aber deutlich verfrüht, von einer Entspannung zu sprechen. In der selben Konjunkturanalyse gaben mit der Hoffnung auf eine konjunkturelle Aufhellung 36 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie ihren Personalbestand erhöhen wollen, nur 12 Prozent planen eine Verringerung des Personalbestands. Auch die jüngste vierteljährliche IHZ-Quartalsanalyse weist darauf hin, dass Zentralschweizer Unternehmen weiterhin viele Personen einstellen möchten. Eine Mehrheit der Unternehmen äusserten den Plan, in den nächsten drei Monaten ihren Personalbestand zu erhöhen. Gemäss der Umfrage möchten Unternehmen im Gastgewerbe und im Grosshandel am verbreitetsten Personen einstellen, während Industrie- und Bauunternehmen eher mit einer Reduktion des Personals rechnen.

Mittelfristig wird der Druck auf den Arbeitsmarkt nicht abnehmen. In den nächsten Jahren werden geburtenstarke Jahrgänge Pensioniert. Inwiefern Arbeitskräfte im Ausland rekrutiert werden können ist aufgrund politischer Entwicklungen im Inland sowie demographischen Entwicklungen im Ausland schwierig abzuschätzen.

Auch das Staatswachstum bereitet den Unternehmen Sorgen. Schweizweit hat das Stellenwachstum im öffentlichen Sektor im letzten Jahrzehnt stärker zugenommen als die Beschäftigung in der Privatwirtschaft. Auch der Swiss Job Tracker zeigt keinen deutlichen Abwärtstrend bei Jobinseraten in der öffentlichen Verwaltung analog zu den privatwirtschaftlichen Branchen. Der Staat und seine öffentlichen Unternehmen konkurrieren dabei mit Unternehmerinnen und Unternehmern um Arbeitskräfte. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik IWP an der Universität Luzern zeigt, bezahlt der Staat dabei deutlich höhere Löhne – mit Steuergeldern. Im Niedriglohnsektor betragen die Lohnunterschiede zwischen Privatwirtschaft und Staat bis zu 17 Prozent, im Hochlohnsektor zwischen sieben und zehn Prozent. In der Zentralschweiz ist die Situation hinsichtlich Staatswachstum und Lohnunterschiede glücklicherweise etwas schwächer ausgeprägt.