OECD-Mindeststeuer: Von Mehreinnahmen und Standortattraktivität

OECD-Mindeststeuer: Von Mehreinnahmen und Standortattraktivität

Verkehrte Welt vor den Abstimmungen vom 18. Juni 2023. Wirtschaftsverbände und bürgerliche Parteien befürworten eine Steuererhöhung für juristische Personen, Linke stellen sich dagegen. Die Ausgangslage ist dennoch einfach zu verstehen. Schweizer Unternehmen werden aufgrund der internationalen OECD-Mindeststeuer ohnehin höher besteuert. Mit einem Ja behalten wir die zusätzlichen Steuereinnahmen in der Schweiz.

Grosse, internationale Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro unterliegen künftig einer Mindestbesteuerung von 15 Prozent. Darauf haben sich rund 140 Staaten in einem weltweiten Projekt der OECD/G20 geeinigt. Besteuert ein Land solche Firmen dennoch mit weniger als 15 Prozent, so dürfen andere Länder mit Niederlassungen dieser Firma auf ihrem Staatsgebiet die Differenz einfordern. 

Bundesrat, Parlament und die Kantone haben aus diesem Grund die Umsetzung der Mindestbesteuerung mit einer Verfassungsänderung beschlossen, über die das Schweizer Stimmvolk am 18. Juni 2023 abstimmt. Die Umsetzung umfasst insbesondere eine Ergänzungssteuer auf Bundesebene, um die Differenz zur Mindeststeuer im Inland zu besteuern. Die Steuereinnahmen von in der Schweiz ansässigen Schweizer und internationalen Unternehmen können somit gesichert werden. Zudem werden die Unternehmen vor hohem administrativem Aufwand einer Besteuerung durch verschiedene Länder und vor Rechtsunsicherheit geschützt. 

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Der Hauptkritikpunkt der SP ist die Verteilung der Mehreinnahmen aus der Ergänzungssteuer. In der Vorlage des Parlamentes und des Bundesrats sollen 25 Prozent in das Bundesbudget fliessen und 75 Prozent an die jeweiligen Kantone zurückbezahlt werden. Der Bund möchte mit diesen Mehreinnahmen den sich erhöhenden Bundesanteil am Finanzausgleich bezahlen und Standortförderung auf Bundesebene betreiben. Die SP plädiert hingegen für eine hälftige Verteilung an Bund und Kantone. Die Mehreinnahmen sollen dabei auch für Transferzahlungen wie Teuerungsentlastungen und Massnahmen wie die familienergänzende Betreuung eingesetzt werden. Wie die SP ihre Forderung bei einem allfälligen Nein durchbringen möchte, ist jedoch fraglich. Die Verfassungsänderung im Juni 2023 ist der letztmögliche Termin, um die Ergänzungssteuer fristgerecht per Anfang 2024 einzuführen. Ein Nein würde eine mögliche Einführung verzögern und so fliessen Schweizer Steuereinnahmen ins Ausland ab. 

Die Ausgangslage in der Zentralschweiz

Die Unternehmenssteuerpolitik der Schweiz ist höchst erfolgreich. Dank dieser hat sich unser Land in den letzten 30 Jahren zu einem der weltbesten Wirtschaftsstandorte entwickelt. Die Zentralschweizer Kantone sind dabei massgebliche Treiber für diese erfolgreiche Steuerpolitik. Auch wenn die genaue Berechnungsgrundlage für die Mindestbesteuerung noch nicht im Detail bekannt ist und sich die Veranlagung von der Schweizer Steuerpraxis unterscheiden wird, befinden sich die Steuersätze für juristische Personen in allen Zentralschweizer Kantonen unterhalb der Schwelle von 15 Prozent. Die nächste Abbildung zeigt die Steuerbelastung durch Gemeinde-, Kantons-, und Kirchensteuern sowie der direkten Bundessteuer in den Hauptorten der Zentralschweiz. Je nach Kanton können einzelne Gemeinden stark von der Belastung am Hauptort abweichen. Die in der obigen Grafik dargestellten, weiteren anrechenbaren Steuern können nicht dargestellt werden.

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Wie viel Mehreinnahmen aufgrund der Ergänzungssteuer schlussendlich eingenommen werden, ist aufgrund der oben genannten Gründen schwer abschätzbar. Der Bundesrat rechnet in seiner Stellungnahme von schweizweiten Mehreinnahmen im Bereich von 1 bis 2.5 Milliarden Franken jährlich. Eine Studie des Beratungsinstituts B.S.S hat im Auftrag der SP versucht, die kantonalen Mehreinnahmen bei dem vorgeschlagenen Kantonsanteil von 75 Prozent zu schätzen. Mit Abstand am meisten Mehreinnahmen wird gemäss der Studie der Kanton Zug mit 242 Millionen Franken erzielen, gefolgt vom Kanton Luzern mit 54.5 Millionen Franken. Bei der Berechnung der potentiellen Mehreinnahmen pro Einwohner finden sich der Kanton Nidwalden und Obwalden auf dem zweiten und dritten Platz in der Zentralschweiz mit 194 Franken bzw. 182 Franken. 

Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzungssteuer bricht bereits mit dem traditionellen Subsidiaritätsprinzip des Steuerföderalismus. Unternehmenssteuern liegen mit Ausnahme der Gewinnsteuer auf Bundesebene in der Kompetenz der Kantone. Um einen schädlichen Steuerwettbewerb zu verhindern, hat die Schweiz aus diesem Grund vor langer Zeit eine bewährte Massnahme eingeführt. Mit dem Nationalen Finanzausgleich (NFA) werden Steuereinnahmen von ressourcenstarken Kantonen umverteilt. Der Kanton Zug bezahlte 2022 beispielsweise 369 Millionen Franken an ressourcenschwache Kantone. Das sind mehr als 2800 Franken pro Einwohnerin oder Einwohner. Auch der Kanton Schwyz und Nidwalden gehören zu den Geberkantonen. Zudem ist Obwalden ebenfalls ein Geberkanton, wenn nur der Ressourcenausgleich berücksichtig wird. Der Kanton erhält aufgrund der Berggebiete einen Lastenausgleich zurück. Der Kanton Luzern bewegt sich aufgrund seiner mutigen Steuerstrategie ebenfalls in Richtung Geberkanton. 

Diese Umverteilungswirkung durch den NFA greift auch bei den Mehreinnahmen durch die OECD-Mindeststeuer. Der Kanton Zug wird bei einer 75/25-Verteilung zusätzlich rund 40 Millionen Franken in den NFA einzahlen müssen. Aus diesen Gründen ist die Forderung nach einer stärkeren Umverteilung fehlgeleitet bzw. die politisch gewollte Umverteilung wird mit dem bestehenden Instrument des NFA erreicht.  

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Die Zentralschweizer Bevölkerung, Wirtschaft und Politik haben sich die tiefen Steuersätze hart erarbeitet und erspart.

Der Zentralschweizer Standortvorteil kommt nicht von ungefähr. Der haushälterische Umgang mit den Staatsfinanzen gründet auch auf von der Bevölkerung und der Wirtschaft getragenen Sparmassnahmen und dem sorgfältigen Umgang mit Steuereinnahmen in vielen Bereichen. Das aktuellste Beispiel ist in diesem Zusammenhang der Kanton Luzern. Für die Herabsetzung der Unternehmenssteuersätze waren Sparanstrengungen nötig. Die wirtschaftspolitischen Dividenden dieses Entscheides werden erst über die nächsten Jahre ausbezahlt. Eine grössere Umverteilung auf Bundesstufe ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt. Denn die Kantone verlieren mit der Steuerpolitik eine wichtige Massnahme eines effizienten Standortwettbewerbs. Wird dieses Instrument wie im Fall der OECD-Mindestbesteuerung beschränkt, sind die davon betroffenen Kantone gefordert, in andere Aspekte des Standortvorteils zu investieren – insbesondere gegenüber den betroffenen internationalen Grossunternehmen. Beispiele hierfür sind Infrastrukturprojekte, Bildungsförderung, Beiträge für Forschung und Entwicklung, Investitionen in vereinfachte bürokratische Prozesse sowie Steuerreformen für natürliche Personen. Für diese Investitionen sind die Kantone auf einen hohen Anteil der Ergänzungssteuer angewiesen.

Einnahmen aus Unternehmenssteuern haben zugenommen

Die Unternehmenssteuerpolitik der Schweiz ist höchst erfolgreich. Trotz tiefen Steuersätzen verzeichnen die Einnahmen aus Firmensteuern einen stetigen Anstieg. Denn die Schweiz konnte sich so zu einem der weltbesten Wirtschaftsstandorte entwickeln. Zahlten die Firmen 1990 noch rund halb so viel an die Bundessteuer wie die Privathaushalte, so leisten die Unternehmen seit einigen Jahren mehr als die Privaten. Spannend ist übrigens: Die grössten drei Prozent der Unternehmen in der Schweiz sind übrigens für 95 Prozent der Gewinnsteuern verantwortlich.

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Internationale Unternehmen liefern dabei nicht nur Steuern ab, sondern sie steigern die Produktivität und die Wirtschaftsleistung der Schweiz. Sie schaffen spannende Arbeitsplätze, die wiederum der Bevölkerung und dem Staatshaushalt zugutekommen. In der Zentralschweiz waren 2021 beispielsweise Unternehmen in ausländischer Hand für über 40'000 Stellen verantwortlich, was einem Anteil von rund acht Prozent aller Arbeitsplätze entspricht. Insbesondere die Kantone Zug, Luzern und Schwyz weisen einen überdurchschnittlich hohen Anteil solcher Unternehmen auf. Zusammen mit global tätigen Unternehmen unter Schweizer Führung arbeiten in der Region 130'000 Personen bei multinationalen Firmen. Das sind ein Viertel aller Beschäftigten in der Zentralschweiz.

Fazit

Die IHZ befürwortet die vom Bundesrat vorgeschlagene Umsetzung der OECD-Mindeststeuer denn nur ein Ja am 18. Juni 2023:

  • garantiert eine fristgerechte Besteuerung in der Schweiz und verteilt keine Steuergeschenke ans Ausland
  • lässt den Kantonen genügend Spielraum, geeignete Standortmassnahmen umzusetzen
  • schützt Schweizer Unternehmen vor ausländischer Zusatzbesteuerung
  • bietet den Unternehmen in der Schweiz Rechts- und Planungssicherheit

Weiterführende Informationen:

 

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