Zentralinfo 01/2024 «Kultur»: HR als Kulturarchitektin?

Zentralinfo 01/2024 «Kultur»: HR als Kulturarchitektin?

Wo Kultur ist, ist Architektur nicht weit. Wer sind die Architekten von Unternehmenskulturen? Für eine starke Unternehmenskultur braucht es die Zusammenarbeit verschiedener Akteure. Den Personalverantwortlichen kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

Wenn wir verloren sind, suchen wir Orientierung. In einer fremden Stadt, in einer schwierigen Lebensphase, im Unternehmen. Leitprinzipien sind dabei Anhaltspunkte für Entscheidungen und Verhalten. Im Unternehmen ist das die Funktion der sogenannten Unternehmenskultur, die gemeinsame Werte und damit Orientierung schafft. 

Unter Unternehmenskultur versteht man eine gemeinsame Deutung und ein gemeinsames Verständnis von Werten, Narrativen, Ritualen, Symbolen und einer Sprache, die sich im Laufe der Zeit entwickeln und weiter kultiviert werden. Eine Unternehmenskultur ist immer vorhanden, auch wenn sie nicht gezielt entwickelt und gepflegt wird. Sie macht jede Organisation einzigartig und hat einen grossen Einfluss darauf, wer das Unternehmen auf dem Arbeitsmarkt attraktiv findet, welche Kunden das Unternehmen anspricht, wie Mitarbeitende interagieren und ob letztlich die strategischen Ziele des Unternehmens erreicht werden.

Eine starke Unternehmenskultur zeichnet sich durch Einigkeit darüber aus, welche Werte für alle Mitglieder leitend sind. In Organisationen mit schwachen Kulturen haben Mitarbeitende eher eine unterschiedliche Auffassung darüber, welche Werte für das Unternehmen wichtig sind. Für eine starke Kultur sind demzufolge konsistente Signale und Verhaltensweisen seitens Geschäftsleitung, Linien- und Personalverantwortlichen als Leitprinzipien für alle Mitarbeitenden gefragt.

Die Unternehmenskultur zeigt sich in Aspekten wie der Kommunikation, der Arbeitsatmosphäre, der Führung und Entscheidungsfindung. Und diese wiederum werden von den Menschen, also den Humanressourcen im Unternehmen, geprägt und wechselseitig geformt. Legt ein Unternehmen grossen Wert auf die Zusammenarbeit, soll dies in HRM-Praktiken wie beispielweise in den Stellenausschreibungen erkennbar, im Rekrutierungs- und Onboardingprozess beobachtbar und in der Personalführung erlebbar sein.

HRM-Praktiken können eine gewünschte Unternehmenskultur also fördern - oder auch hemmen. Wenn ein Unternehmen eine Kultur der Zusammenarbeit und Innovation verfolgt, die Mitarbeitenden jedoch an individuellen Leistungszielen gemessen und nur durch finanzielle Anreize motiviert werden, sind die HRM-Praktiken mit der angestrebten Kultur nicht kompatibel. Besser wären HRM-Praktiken wie das Setzen von Entwicklungszielen im Performancemanagement, Teamanreize im Vergütungsmanagement oder die Förderung von Experimentierfreudigkeit durch das Unterstützen des Lernens von- und miteinander.

Die Unternehmenskultur bietet durch Leitprinzipien eine Orientierung für die Ausrichtung der HRM-Praktiken. Diese wiederum verstärken die Unternehmenskultur, wenn sie kompatibel sind, oder hemmen sie, wenn sie widersprüchlich sind. Das HR ist aber nicht alleinige Kulturarchitektin. In Unternehmen mit einer starken Kultur besteht ein hoher Konsens und eine enge Zusammenarbeit zwischen Personalverantwortlichen, Geschäftsleitung und Linienverantwortlichen, die gemeinsam die Unternehmenskultur bauen.

Gesamtausgabe «zentralinfo» 01/2024 (PDF)

Artikel von: Dr. Anna Sender, Dozentin im Bereich HRM, Hochschule Luzern und Universität Luzern / Dr. Lea Rutishauser, Geschäftsführerin von HR ConScience, Projektleiterin und Dozentin im Bereich HRM

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