Zentralinfo 03/2023 «Entscheiden Sie sich»: Artikel Leif Brandes

Zentralinfo 03/2023 «Entscheiden Sie sich»: Artikel Leif Brandes

Gutes Ergebnis = Gute Entscheidung?

35,000 Entscheidungen treffen Erwachsene pro Tag. In wenigen Bereichen des Lebens haben wir so viel Routine – und doch verfehlen einige unserer Entscheidungen regelmässig das Ziel. Was aber unterscheidet gute, von schlechten Entscheidungen?


Fangen wir mit einem kleinen Gedankenexperiment an: Denken Sie bitte an die letzte Situation, in der Sie das Gefühl hatten, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Wenn Sie wie die meisten Menschen denken, dann haben Sie gerade an eine Situation gedacht, in der Sie ein gutes Ergebnis erzielt haben. Mit anderen Worten: Sie haben von der Qualität des Ergebnisses auf die Qualität der Entscheidung geschlossen – dieser Ansatz ignoriert aber einen wesentlichen Erfolgsfaktor in der Realität: Glück, bzw. Pech.

Warum wir weniger aus Erfolgen lernen

Eine fehlende Unterscheidung zwischen Ergebnis- und Entscheidungsqualität erklärt, warum wir im Allgemeinen weniger aus Erfolgen als aus Niederlagen lernen – wer fragt sich schon, warum eine Entscheidung zum Ziel geführt hat, wenn sie doch erfolgreich war? In der Literatur bezeichnet man dieses Verhaltensmuster als ‘failure to ask why’. Dieses Verhaltensmuster wird dabei von zwei weiteren psychologischen Tendenzen noch begünstigt: erstens dem sogenannten ‘fundamental attribution error’ und zweitens unserer Tendenz zu ‘overconfidence’. 

Mit dem Begriff ‘fundamental attribution error’ bezeichnen Verhaltenswissenschaftler die Tendenz, dass Menschen die Gründe für Erfolge in sich selbst sehen und nicht in externen Faktoren wie Glück Bei Misserfolgen kehrt sich diese Tendenz um – man gibt eher externen Faktoren die Schuld. Mit overconfidence hingegen bezeichnet die Literatur die menschliche Tendenz, grundsätzlich eine zu hohe Meinung von uns selbst zu haben. Dies erklärt, warum regelmässig 80% der Befragten angeben, dass sie besser als der Durchschnitt Auto fahren – wären die Befragten unverzerrt in ihrer Betrachtungsweise, würde ein Wert von 50% resultieren.

Die Konsequenz aller drei Verhaltensmuster und Tendenzen ist, dass wir Entscheidungsprozesse wiederholen, wenn sie zu guten Ergebnissen geführt haben, nicht aber, wenn sie zu schlechten Ergebnissen geführt haben. Dies kann dazu führen, dass man in der Zukunft schlechte Prozesse – bei denen man unwissentlich Glück beim Ergebnis hatte – wiederholt, während man gute Prozesse, bei denen man Pech hatte, verwirft. 

Wie man Entscheidungsqualität verbessert

Um die Qualität Ihrer Entscheidungen zu verbessern bieten sich verschiedene Ansätze an. In der Kürze seien hier nur zwei genannt. Erstens sollten Sie sich beim Feiern Ihrer Erfolge immer auch fragen, warum es zu diesem Ergebnis gekommen ist – hätte eine andere Person dasselbe Ergebnis erreicht? Die Antwort auf diese Frage mag Ihnen nicht gefallen, aber sie ist wichtig, um sich selbst nicht zu täuschen. Zweitens sollte Ihre Beurteilung auf dem richtigen Zeithorizont erfolgen – manche Entscheidungen manifestieren sich schnell in Ergebnissen, andere benötigen etwas länger. Je schneller der Effekt, desto weniger Möglichkeiten, die Ursache falsch zu attribuieren. Diese beiden Ansätze ermöglichen es Ihnen, dem Faktor ‘Glück/ Pech’ auf die Spur zu kommen, und die Ursachen hinter Ihren Ergebnissen zu erlernen – die Grundvoraussetzung um Ihre Entscheidungsqualität für die Zukunft zu erhöhen.  

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