Selten standen die wirtschaftlichen Akteure vor so einer Häufung gleichzeitiger Herausforderungen. Trotz Krieg in der Ukraine, anhaltenden Lieferschwierigkeiten, Arbeitskräftemangel und Energiesorgen sind die Zentralschweizer Unternehmen sehr zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2022 – einige verbuchen gar Rekordergebnisse. Im laufenden Jahr werden die Aufträge zurückgehen. Dennoch deuten die Zeichen auf ein leichtes Wirtschaftswachstum in der Zentralschweiz hin.
Die Zentralschweizer Wirtschaft erholte sich von den wirtschaftlichen Effekten der Covid-Krise schneller als der gesamtschweizerische Durchschnitt wie in der Grafik zum Geschäftslageindikator der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich zu erkennen ist. Unternehmen in der Region nahmen die Geschäftslage positiver war. Diese überdurchschnittliche Einschätzung der Geschäftslage im Vergleich zum Rest der Schweiz relativierte sich aber im Laufe des Jahres 2022. Zum Jahresstart 2022 kämpften einzelne Branchen wie der Tourismus noch mit letzten wirtschaftlichen Nachwirkungen der Pandemie. Ebenfalls in der Grafik zur Geschäftslage zu erkennen sind die Unsicherheiten infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine im Frühjahr 2022.
Dennoch setzte insbesondere der verarbeitende Sektor zur Jahreshälfte zu einem Höhenflug an. Der Geschäftslageindikator erreichte im Juni 2022 den höchsten Wert seit über zehn Jahren. Einerseits führten Nachholeffekte des tiefen Konsums während der pandemiebedingten Einschränkungen zu vollen Auftragsbüchern. Andererseits zogen Händler und Zwischenverarbeiter Lehren aus den Lieferkettenproblemen und erhöhten ihre Lagerbestände. Dies wirkte sich zusätzlich positiv auf das Auftragsvolumen aus. Dieses Hoch der Auftragslage führte bei zahlreichen Unternehmen zu einem Rekordjahr, obwohl im Laufe des zweiten Halbjahres die Geschäftslage von den Unternehmen in der Region Zentralschweiz deutlich weniger optimistisch eingeschätzt wurde.
Weltweit überraschend hohe Inflationsraten, ein rekordstarker Franken, Unsicherheiten über Energiekapazitäten im Winter und hohe Energiepreise drückten die Stimmung. Unternehmen in der Industrie und im Grosshandel standen vor höheren Material- und Transportkosten von bis zu fünfzig Prozent, von denen nur ein Teil an die Kundschaft weitergegeben werden konnte. Dieser Margendruck aufgrund von hohen Personal- und Energiekosten setzte auch der Gastronomie und Hotellerie zu.
Zentralschweizer Unternehmen haben im vergangenen Jahr dennoch viele neue Stellen geschaffen. Eine Mehrheit der Unternehmen hat ihren Personalbestand stark vergrössert, sodass sich der Arbeitskräftemangel weiter akzentuierte. Arbeitsstellen über alle Qualifikationsniveaus hinweg blieben unbesetzt. Das hatte auch zur Folge, dass Unternehmen Projekte zurückstel-len mussten oder Kapazitätserweiterungen für die Bedienung der hohen Nachfrage nicht umgesetzt werden konnten.