Konjunkturumfrage: Absatzprobleme nehmen ab, Unsicherheiten bleiben

Konjunkturumfrage: Absatzprobleme nehmen ab, Unsicherheiten bleiben

In der Konjunkturumfrage wurden Zentralschweizer Unternehmen zu ihren gegenwärtigen Geschäftsgängen, Herausforderungen und Prognosen befragt. Der Ausblick für den Rest des Jahres ist durchaus positiv, wenn auch mit grossen Unsicherheiten behaftet. Absatzschwierigkeiten haben sich leicht entschärft. Die Sorge über krankheitsbedingte Arbeitsausfälle ist hingegen stark gestiegen. Jedes zwölfte Unternehmen erachtet Überregulierung als grösstes Konjunkturrisiko.

Die Zentralschweizer Unternehmen schätzen die Geschäftslage grundsätzlich positiv ein. 60 Prozent der 137 befragten Unternehmen erachten die wirtschaftliche Lage im Mai 2024 als gut oder sehr gut, während ein Viertel die derzeitige Geschäftsalge als befriedigend einstuft. Exportorientierte Unternehmen schätzen den aktuellen Geschäftsgang nach wie vor deutlich negativer ein. Rund ein Viertel der Zentralschweizer Exportwirtschaft bewertet den Geschäftsgang als schlecht oder sehr schlecht. Leicht positiver als die exportorientierten Unternehmen empfindet die übergeordnete Zentralschweizer Gesamtindustriebranche die aktuelle Wirtschaftssituation. Mit 18 Prozent negativen Antworten liegt der Anteil nur leicht über dem Durchschnitt der Zentralschweizer Gesamtwirtschaft. 47 Prozent der Industrieunternehmen erachten den Geschäftsgang als gut oder sehr gut. Im Baugewerbe schätzen die Unternehmen die wirtschaftliche Lage grösstenteils als befriedigend ein. Deutlich überdurchschnittlich wird die Geschäftslage im Dienstleistungssektor eingeschätzt. Knapp zwei Drittel der Dienstleistungsunternehmen erachten den aktuellen Geschäftsgang als gut oder sehr gut. 

Absatzprobleme nehmen ab, Sorgen über Arbeitsausfälle zu

Absatzprobleme sind noch immer die meistgenannte Sorge der Zentralschweizer Unternehmen. Rund ein Drittel der Unternehmen bekunden Absatzprobleme im Inland. Verglichen mit den Umfrageergebnissen im Dezember 2023 hat dieser Wert jedoch leicht um 1,2 Prozentpunkte abgenommen. Deutlich verbessert hat sich hingegen die Situation auf den ausländischen Absatzmärkten. Vor einem halben Jahr wurde diese Herausforderung von über 30 Prozent aller Unternehmen und 75 Prozent der hauptsächlich exportorientierten Unternehmen genannt. Mit einem Anteil von 23 Prozent der ausgewerteten Antworten sind Sorgen über den Auslandmarkt nun nicht mehr die zweithäufigste Sorge. Von den exportierenden Unternehmen sind noch 64 Prozent von Absatzschwierigkeiten im Ausland betroffen. Überholt wurden die Absatzsorgen im Ausland von den Herausforderungen eines zu tiefen Personalbestandes, die gegenüber der letzten Analyse unverändert von rund einem Viertel der Unternehmen genannt werden. Am deutlichsten zugenommen haben Sorgen über krankheitsbedingte Arbeitsausfälle. Fast ein Viertel der Unternehmen bereiten kurz- und langfristige Ausfälle des Personals derzeit Sorgen. Diese deutliche Steigerung ist überraschend, zumal Arbeitsausfälle lediglich während der Coronapandemie dominierten. Ebenfalls deutlich zugenommen haben Liquiditätsschwierigkeiten. Rund zwölf Prozent der Unternehmen bekunden Probleme damit, genügend flüssige Mittel zu haben. Neben dem teilweise schwierigen wirtschaftlichen Umfeld kann dieses Resultat wohl auch auf das Zinsumfeld zurückgeführt werden. Bei hohen Zinsen ist die temporäre Geldbeschaffung teurer.
 

Deregulierung kann schwaches Wirtschaftswachstum beflügeln

Die befragen Unternehmen erwarten grundsätzlich positive Entwicklungen im zweiten Halbjahr. Lediglich sechs Prozent der Zentralschweizer Unternehmen rechnen mit einer Verschlechterung des Geschäftsgangs. Eines von zehn Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Margensituation. Rund 57 Prozent der Unternehmen rechnen mit einer Verbesserung des Geschäftsgang. Auch bei Industrieunternehmen (43 %) und bei exportorientierten Unternehmen (38 %) werden die Aussichten für die nächsten 6 Monate von zahlreichen Unternehmen als gut oder sehr gut bewertet.

Das grösste Konjunkturrisiko im zweiten Halbjahr bleibt eine weitere Eskalation der geopolitischen Konflikte in Russland und im Nahen Osten oder der Handelsstreit zwischen den USA und China. Fast 26 Prozent der Unternehmen nennen geopolitische Spannungen für das grösste Konjunkturrisiko für ihren Geschäftsgang im nächsten Halbjahr. Auch ein plötzlicher Einbruch der Nachfrage oder eine damit verbundene unerwartete Entwicklung im Zinsumfeld oder dem Wechselkurs wird häufig als mögliches Risiko genannt.

Bereits auf Platz drei folgen die Risiken von Überregulierung. Im Vergleich zu früheren Umfragen hat die Erwähnung dieses Konjunkturrisikos deutlich zugenommen. Das bedeutet, dass zahlreiche Unternehmen der Meinung sind, dass staatliche Eingriffe die Wirtschaft unnötig von ihrem möglichen Wachstum abhalten. Insbesondere im Baugewerbe aber auch im Finanzsektor handelt es sich um das meistgenannte Risiko für den zukünftigen Geschäftsgang. Aber auch Unternehmen im Dienstleistungssektor sehen in der wachsenden Regulierungsdichte die grösste Gefahr für den Geschäftsverlauf. Rasch Ändernde Gesetzesgrundlagen, steigender Regulierungsdruck und komplizierte Regulierungen führen in den Unternehmen zu hohen Kosten, indem Personal und finanzielle Ressourcen von produktiven zu administrativen Tätigkeiten verschoben werden. Dadurch werden Waren und Dienstleistungen teurer, ohne dass sie verbessert werden. 

 

Unsicherheiten und das zinspolitische Umfeld schlagen sich auch in den geplanten Investitionstätigkeiten nieder. Rund die Hälfte der Unternehmen plant gleichbleibende Investitionen im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr. Auch in Bezug auf den Personalbestand sind Unternehmen zurückhaltender als bei vergangenen Befragungen. Rund 52 Prozent rechnen mit einem gleichbleibenden Personalbestand im zweiten Halbjahr. 37 Prozent der Unternehmen planen einen Personalausbau, etwa jedes achte Unternehmen einen Personalabbau. 
 

Es bleibt aber fraglich, ob die 37 Prozent der Unternehmen, die einen Ausbau des Personalbestandes planen, genügend Fachkräfte finden. Der Arbeitsmarkt in der Zentralschweiz ist nach wie vor angespannt. Die regionale Arbeitslosenquote ist binnen Jahresfrist zwar angestiegen, verharrt seit Jahresbeginn aber bei im schweizweiten Vergleich tiefen 1,5 Prozent. In den Kantonen Uri und Schwyz betrug sie im Mai 2024 gemäss SECO 0,9 Prozent. In den Kantonen Nidwalden und Obwalden ist die Arbeitslosenquote noch tiefer. Um dem Problem des Arbeitskräftemangels zu begegnen setzt ein Grossteil Unternehmen auf einen Ausbau der Lehrstellen, auf die Umschulung von Quereinsteigern und auf die umfassende Unterstützung bei unternehmensinternen und -externen Weiterbildungen. Rund ein Viertel der Unternehmen geben Aus- und Weiterbildungen als Hauptmassnahme an. Ein Fünftel der Unternehmen setzen auf eine deutliche Stärkung der Arbeitgeberattraktivität durch Löhne, Nebenleistungen, Flexibilität Arbeitszeiten und Unternehmenskultur. Ebenfalls ein Fünftel setzt als Hauptmassnahme auf aktive Rekrutierung im In- und Ausland sowie auf die Integration von Personen ausserhalb des Arbeitsmarktes. Etwa fünf Prozent der befragten Unternehmen setzen auf Investitionen in die Automatisierung und Digitalisierung, um die Effizienz der geleisteten Arbeitsstunden zu Erhöhen.

Die Arbeitsmärkte im Ausland bleiben nach wie vor wichtig für die Rekrutierung von Arbeitskräften. Dabei wird insbesondere die Personenfreizügigkeit mit den EU/EFTA-Ländern als zentral angesehen. 46 Prozent der befragten Unternehmen antwortet, dass die Personenfreizügigkeit wichtig oder sehr wichtig für die Standortattraktivität der Schweiz im jeweiligen Sektor sei. Für 19 Prozent der Unternehmen ist die Personenfreizügigkeit nicht von Bedeutung. In einigen Branchen ist die Wichtigkeit der EU- und EFTA-Fachkräfte deutlich ausgeprägter. Beispielweise erachten 53 Prozent der Industrieunternehmen und 67 Prozent der Gastronomieunternehmen die Personenfreizügigkeit als wichtig oder sehr wichtig. Der Zugang zu Arbeitskräften aus Drittstaaten ist verglichen Personen aus dem EU/EFTA-Raum weniger zentral. Dennoch ist das Arbeitsangebot aus Drittstaaten für rund einen Viertel der Unternehmen wichtig oder sehr wichtig. Auch hier gibt es deutliche Unterschiede. Während Arbeitskräfte aus Drittstaaten für Unternehmen in den Bereichen Wissenschaft, Elektroindustrie, Informatik und Tourismus wichtig sind, ist der Zugang zu ihnen für den Detailhandel, die Finanzwirtschaft und das Haupt- sowie Nebengewerbe im Baubereich weniger von Bedeutung. 
 

Für Fragen und Anmerkungen:

Yves Spühler | Leiter Wirtschaftspolitik und Ökonomie

Informationen zur Umfrage

Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ führt in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsdachorganisation economiesuisse halbjährlich eine Konjunkturumfrage direkt bei den Mitgliedunternehmen durch. Im Vordergrund stehen die Sorgen der Zentralschweizer Unternehmen, der gegenwärtige Geschäftsgang und der konjunkturelle Ausblick. Die Umfrage wurde von 137 Zentralschweizer Unternehmen und 340 Unternehmen aus anderen Regionen ausgefüllt. Die Erhebung fand zwischen dem 8. und 29. Mai 2024 statt.

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