Energiebereich neu auf Platz drei des Sorgenbarometers
Die jüngste Umfrage des Dachverbandes economiesuisse zeigt, dass die Lieferkettenproblematik und der Fachkräftemangel den Unternehmen schweizweit noch immer am meisten Sorgen bereiten. Auf Platz drei folgt neu der Energiebereich. Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz IHZ hat als regionale Partnerin die Daten für die Zentralschweizer Kantone ausgewertet.
Die Zentralschweiz leidet noch immer unter den gestörten Lieferketten. Rund 64 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass Probleme beim Bezug von Vorprodukten bestehen. Die Situation hat sich folglich in den letzten sechs Monaten nicht signifikant entschärft. Damals bekundete ein Prozentpunkt mehr der befragten Unternehmen Probleme mit den Lieferketten. Weiter verschärft hat sich seit März der Fachkräftemangel. Damals gaben rund 18 Prozent der Firmen an, nicht genügend Personal für eine optimale Auslastung zu finden. In der jüngsten Umfrage sind es mit 41 Prozent mehr als doppelt so viele. Auf nationaler Ebene werden die Probleme leicht geringer verspürt. Im Schweizer Durschnitt kämpfen 59 Prozent der Firmen mit der Lieferkettenproblematik und 35 Prozent bekunden Probleme bei der Rekrutierung von Personal. Absatzschwierigkeiten im Ausland haben gemäss Zentralschweizer Unternehmen leicht abgenommen, während Absatzschwierigkeiten im Inland zunehmen. Rund jedes zehnte Unternehmen hat Probleme mit dem Verkauf innerhalb der Schweiz. Verschiedene Arbeitsausfälle, die neben Krankheit und Unfalls sowie Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub und Militärdienst umfassen, haben nach der Abschaffung von Quarantäneregeln von 19 Prozent der Antworten auf 8 Prozent der Antworten abgenommen.
Neu in der Liste des Sorgenbarometers ist die Energiethematik. Fast ein Drittel der Unternehmen macht sich Sorgen um die Versorgungslage und die Preisvolatilität von Strom und Gas. Damit verknüpft ist wohl auch die Sorge vor der Liquidität der Unternehmen: Im März 2022 gab lediglich jedes 25igste Unternehmen an, sich Sorgen über die Liquidität zu machen. Bei der jüngsten Befragung ist es bereits jedes zehnte Unternehmen.
Angst vor den hohen Energiepreisen grösser als die Angst vor Versorgungsengpässen
Spezifisch auf die Energieproblematik angesprochen, antworten acht von zehn Unternehmen, dass die höheren Strompreise ihren Unternehmen zusetzen könnten. 63 Prozent der Unternehmen sorgen sich um die Verfügbarkeit von Strom. Die Zahlen für den Energieträger Gas sind etwas tiefer. Rund ein Drittel der Unternehmen sorgt sich um die hohen Gaspreise, während ein Viertel Angst hat, dass die Verfügbarkeit von Gas nicht im gewohnten Masse gewährleistet werden kann.
Die Tragweite der Energiethematik spiegelt sich auch in der Frage nach der Betroffenheit durch einer allfälligen Strommangellage. Mehr als zwei Drittel der Unternehmen antworten, dass sie stark betroffen wären. 35 Prozent geben sogar an sehr stark von einer Strommangellage betroffen zu sein. Schwache Betroffenheit wurde nur von 10 Prozent der Unternehmen genannt.
Ein Problem bei einer Strommangellage und einer damit verbundenen reduzierten Energieversorgung ist auch, dass die Industrie bereits auf einen effizienten Einsatz von Energie ausgerichtet ist. Alle Tätigkeiten, bei denen Strom und Gas verschwendet wird, generieren unnötige Kosten. Mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele hat sich die Industrie folgerichtig als Vorreiterin bei der Erfüllung derselben erwiesen. Weiter ergeben sich aufgrund branchen- und unternehmensspezifischen Produktionsprozessen und technischen Gegebenheiten, dass der Stromverbrauch bei laufender Produktion nicht einfach und kurzfristig stark zurückgefahren werden kann. Zu beachten ist, dass viele Prozesse so optimiert sind, dass sie entweder ganz oder gar nicht betrieben werden können. So antworten auch 35 Prozent der Unternehmen, dass der Betrieb mit reduzierter Energie nicht aufrechterhalten werden kann.
Preiserhöhungen wegen Lieferengpässe, betriebliche Anpassungen als Reaktiona auf Strommangellage
Interessant ist auch, wie Unternehmen auf die aktuellen Herausforderungen reagieren. Die meistgenannten Reaktionen auf die Lieferengpässe sind Preiserhöhungen sowie Erhöhung der Lagerbestände, gefolgt von der Suche nach neuen Lieferanten weltweit und möglichem Personallabbau. Im Gegensatz dazu scheinen sich die Strategien von In-Shoring und Near-Shoring (d.h. die Produktion der Vorprodukten im eigenen Unternehmen bzw. die Suche nach Lieferanten, die geographisch näher an der eigenen Produktion liegen) nicht zu lohnen.
Noch wenig Erfahrungen haben die Unternehmen hingegen mit der Strommangellage. Es gilt sich nun auf die Situation strategisch vorzubereiten. Diesbezüglich spielen aber zwei Herauforderungen eine Rolle: Erstens die hohen Strommpreise, zweitens die Möglichkeit von Kontingentierung. Die am wenigsten verbreiteten Reaktionsmassnahmen sind die Umstellung von Zweistoffanlagen von Gas auf Öl sowie das Anlegen einer eigenen Energiereserve. Dieses Bild hat wohl technische Gründe, da nicht alle Unternehmen überhaupt die Möglichkeit haben, kurzfristig solche Massnahmen zu treffen. Das gleiche gilt für den Einsatz von Notstromaggregaten mit knapp einem Viertel der Antworten. Mit 56 Prozent der Unternehmen, plant eine Mehrheit betriebliche Anpassungen für mehr Energieffizienz und Flexiblität. Fast 4 von 10 Unternehmen tätigen Investitionen in die Energieeffizienz und knapp ein Drittel der Unternehmen denken über Investitionen in die eigene Stromproduktion nach.
Die Umfrage wurde von economiesuisse vom 19. August bis zum 6. September 2022 durchgeführt. Teilgenommen haben 145 Organisationen aus der Zentralschweiz. Die Auswertung zeigt ein aktuelles Stimmungsbild der Zentralschweizer Wirtschaft. Die Antworten wurden jeweils nicht gewichtet und die Ergebnisse erheben keinen Anspruch auf Repräsentativität.
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